Erfahrungsbericht – Sprung ins kalte Wasser
buerokratiehaeckse | besteht seit 3-4 Jahren | 3 Personen
Die meisten GemÖks, die ich kenne, haben, bevor sie losgelegt haben, sehr viel darüber geredet. Über detaillierte Absprachen. Über Bedürfnisse. Erscheint ja auch sinnvoll, ist schließlich eine große Sache. Meine Erfahrungen sind aber völlig andere. Ich möchte hier einen alternativen Ansatz schildern, der ja vielleicht auch für andere Menschen taugt.
Wir haben, bevor wir unsere GemÖk ins Leben gerufen haben, kaum darüber geredet. Die Situation war eher folgende (etwas verkürzt geschildert): Wir haben zusammen gewohnt und haben gemerkt, dass in unserer Konstellation eine GemÖk eigentlich Sinn ergibt. Dann haben wir ohne viel vorher über detaillierte Absprachen zu reden, unser Bargeld und unsere Bankkarten samt PINs in eine Kiste geworfen und einfach damit angefangen.
Das hat erstaunlich gut funktioniert. Irgendwann haben wir dann festgestellt, dass es Bedürfnisse gibt, für die es Vereinbarungen braucht. Zum Beispiel ab welcher Höhe man Ausgaben miteinander abspricht. Irgendwann haben wir gemerkt, dass es das Bedürfnis nach finanzieller Sicherheit für den Fall eines Scheitern der GemÖk gibt. Dann haben wir uns gemeinsam darauf geeinigt, dass wir persönliche Rücklagen-Töpfe haben, wo monatlich übriges Geld reinkommt.
Wir haben festgestellt, dass ein gemeinsames Bankkonto gut wäre, also haben wir einen Verein gegründet. Und irgendwann war bei einer Person das Bedürfnis nach der Möglichkeit da, teurere Dinge zu kaufen ohne das der GemÖk unbedingt transparent machen zu müssen. Dann haben wir einen Geldtopf für solche »anonymen« Ausgaben ins Leben gerufen.
Das Spannende daran war: Diese Absprachen sind alle entstanden, während wir schon als GemÖk gelebt haben. Wir haben also quasi nicht vorher ein Konzept entworfen, sondern das Konzept in Nutzung entwickelt. Das war natürlich nicht immer einfach. Aber tatsächlich bereue ich das im Nachhinein nicht und finde diesen Weg eigentlich sinnvoll.
Was genau ist denn der Vorteil davon? Naja, vor allem, dass man in der Theorie nicht erraten kann, wie etwas in der Praxis tatsächlich sein wird. Gerade wenn man bisher keine GemÖk-Erfahrung hat, ist es im Grunde Spekulation, wie man sich damit fühlt und wie Bedürfnisse tatsächlich sind. Deshalb geht Vorab-Kommunikation oft sehr an den Realitäten des Lebens als GemÖk vorbei. Es kann also sinnvoll sein, über bestimmte Dinge erst dann zu reden, wenn sie aufkommen.
Mit einer gemeinsamen Ökonomie zu beginnen, ist immer ein Sprung ins kalte Wasser, egal wie viel man vorher bespricht. Und ein Sprung ins kalte Wasser wird nicht einfacher dadurch, dass man vorher viel darüber redet. Im Gegenteil: Oft führt das dazu, dass man es dann lieber sein lässt. Deshalb möchte ich euch ermutigen: Denkt doch nicht zu viel drüber nach, macht die Augen zu und springt einfach. Denn es hat das Potential wunderbar zu werden!
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