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3.5 Rechtliches – Ist Geldteilen erlaubt?

Da wir in einer kapitalistischen Eigentumsgesellschaft leben, kannst du frei entscheiden, was mit dem Geld passiert, das dir »gehört«. Du kannst es sparen, ausgeben oder verschenken. Grundsätzlich spricht also juristisch nichts dagegen, es mit anderen zu teilen. An der ein oder anderen Stelle will der Staat aber doch mitreden, z.B. durch Besteuerung oder Bedingungen für Sozialleistungen.

Der Staat hat viele Regelungen und Kategorien für das gemeinsame Wirtschaften entwickelt, die theoretisch für eine GemÖk Anwendung finden könnten. Es ist also (wie auch beim »Alleine-Wirtschaften«) hilfreich und sinnvoll, wenn ihr euch mit den gesetzlichen Grundlagen eurer individuellen Umstände auskennt. Oder als Frage formuliert: »Was könnte das Finanzamt, die Ausländerbehörde, das Jobcenter, das BAföG-Amt, das Gericht, usw. dagegen haben, wenn wir das soundso machen?«

»Oh oh, jetzt wirds kompliziert«, denkt ihr euch? Keine Sorge – mit der richtigen Einstellung und ein paar einfachen Tricks lässt sich das Behörden-Spiel kinderleicht spielen. Denn weder das Finanzamt noch irgendeine andere Institution haben in ihren Computern die Kategorie »GemÖk« zur Auswahl. Ihr könnt also nirgendwo anrufen und sagen: »Hallo, ich möchte eine GemÖk anmelden!« Dadurch entsteht glücklicherweise auf Seiten der Behörden viel Verwirrung und Interpretationsspielraum, den wir nutzen können.

Neue Spielregeln

Eine GemÖk versucht mit den kapitalistischen Spielregeln von Vereinzelung, Misstrauen, ökonomischem Druck, Konkurrenz und Angst zu brechen und durch neue zu ersetzen. An dessen Stelle kommen Vertrauen, freie Vereinbarungen, Verbindlichkeit, Verantwortung, Solidarität.

Soweit zumindest die Idee. Natürlich ist es ein langer Weg dorthin, auf dem viel gelernt und viel verlernt werden darf. Das alles aufzubauen braucht Zeit und Sicherheit.

Rechtliche Absicherung der GemÖk

Gerade deshalb scheint es manchen Personen oder Gruppen naheliegend, Vereinbarungen auch formaljuristisch abzusichern. Rechtssichere Verträge abzuschließen, Rechtsformen zu gründen, Notartermine wahrzunehmen und sicherzustellen, dass das Geld auch auf dem Papier allen gehört. Entweder aus Struktur-Liebe oder aus Angst, dass doch jemand das Vertrauen missbraucht.

Doch ist es wirklich nötig, uns auf diese Weise mithilfe des Staates »voreinander zu schützen?« Ist das nicht Teil von genau der Logik, die wir hinter uns lassen wollen? Oder anders gefragt: Möchte ich wirklich in einer GemÖk sein, in der im Zweifel vor Gericht entschieden wird, wem nun was zusteht?

Wenn es uns gelingt, die Spielregeln des Systems so gut wie möglich aus der GemÖk rauszuhalten und Vertrauen zueinander jenseits von Institutionen herzustellen, entsteht die Möglichkeit, als Kollektiv besser mit den (ungerechten) Regeln des Systems umzugehen.

Vorteile von strategischen Rechtskonstrukten

Unsere bevorzugte Einstellung beim Rechtskonstrukte-Basteln ist also Folgende: Es geht nicht darum, die Realität abzubilden oder sich voreinander zu schützen. Stattdessen sollten sie uns den besten Umgang mit den Regeln des Systems ermöglichen.

So können beispielsweise verschuldete Menschen Geld in der GemÖk sparen, solange es auf dem Papier jemand anderem gehört. Sozialleistungen empfangen ist kein Problem, solange die Person offiziell alleine wirtschaftet. Und vielleicht lohnt es sich langfristig auch, innerhalb der GemÖk zu heiraten, um Steuern oder Krankenversicherung zu sparen?

Ob und welche strategischen Rechtskonstrukte sinnvoll sind, hängt von vielen Faktoren ab. Wichtig ist aber immer, die beiden Ebenen »unsere Vereinbarungen untereinander« und »was erzählen wir offiziellen Stellen« im Kopf klar getrennt zu halten.

Dabei gilt es auch zu bedenken, dass man sich der Wirkmächtigkeit juristischer Rahmenbedingungen nicht vollständig entziehen kann. Sollte es in irgendeiner Form zu einem Gerichtsverfahren kommen, würde eine GemÖk vor Gericht sehr wahrscheinlich als GbR betrachtet werden. Dann kämen die allgemeinen Regeln zur Anwendung, wie sie im BGB (Bürgerlichen Gesetzbuch) definiert sind, sofern nicht andere Regeln in einer formalen Satzung festgelegt wurden. Außerdem kann es bei internen Konflikten im schlimmsten Fall eben doch eine Auswirkung auf die Gruppendynamik haben, zu wissen, wer im Zweifel vor Gericht gewinnen würde und wer nicht — selbst wenn niemand ernsthaft vorhat, vor Gericht zu ziehen.

Ist das nicht illegal?

Wir wollen niemanden dazu auffordern, Straftaten zu begehen. Das ist auch gar nicht unbedingt nötig, da die Behörden, wie gesagt, selbst gar nicht so genau wissen, wie sie die GemÖk einordnen sollen. Da gibt es also auf jeden Fall eine Grauzone. Und die meisten Amtsträger*innen nehmen es dankbar an, wenn wir ihnen zuvorkommen und einen Vorschlag machen, wie denn dieser oder jener Sachverhalt in eine ihrer vorgefertigten Kategorien passen könnte.

Es empfiehlt sich also, genauer zu verstehen, welche Behörde sich wann für was interessieren könnte und ihnen im besten Fall zuvorzukommen. Das bedeutet entweder zu vermeiden, dass sie überhaupt erst auf etwas aufmerksam werden, oder eben bereits eine gute Erklärung parat zu haben.

Wichtig ist hier natürlich ein gemeinsames Grundverständnis, dass man in einem Boot sitzt und im Fall des Falles bei der gemeinsam vereinbarten Rechtsauffassung bleibt und sich nicht gegenseitig bei Behörden in Schwierigkeiten bringt.

Aus der Praxis können wir sagen: Auf diese Weise funktioniert es erstaunlich gut, in einer GemÖk zu leben, ohne von Behörden geplagt zu werden. Zumindest wenn man weiß, was es zu beachten gibt. Im Folgenden gibt es deshalb einen kleinen Abriss der wichtigsten Fallstricke und Good Practices im Umgang mit verschiedenen Behörden.