2.1.3 Fragen – und Methodensammlung
Im Folgenden findet ihr eine lange Liste an Fragen zur Reflexion und Organisierung, mit der ihr euch in der Gruppe beschäftigen könnt. Schaut euch gemeinsam die Fragen an und sucht euch einfach die raus, die für euch relevant sind. Wir empfehlen euch, die wichtigsten Absprachen mitzuschreiben.
Soziales hat Vorrang
Die GemÖk ist unserer Erfahrung nach vor allem eins: Eine Gruppenerfahrung. Deswegen stehen die »sozialen« Fragen am Anfang der GemÖk-Gründung. Achtet hier besonders darauf, dass alle die Gelegenheit bekommen, ihre Position darzustellen.
Motivation
- Warum wollt ihr mitmachen?
- Wo steht ihr idealerweise am Ende des Experiments?
- Worauf freut ihr euch am meisten?
Methoden-Idee 1: Der Heißluftballon
Malt auf ein großes Blatt Papier einen Heißluftballon als Symbol für die Reise der nächsten 6 Monate. Die erste Frage, die ihr euch stellen könnt, ist »welche Bedenken habe ich?«. Alle Mitglieder können ihre Antworten in die Sandsäcke des Ballons schreiben. Sie stehen dafür, was einen runterzieht oder zurückhält. In den Antrieb, das Feuer, schreiben alle, was sie motiviert, die GemÖk zu gründen: »Warum brenne ich für dieses Projekt?«.
Schreibt in den Ballon eure Wünsche und Vorstellungen bezüglich der Erfahrung in einer GemÖk zu sein. Schließlich schreibt ihr in die Wolken über dem Heißluftballon eure Träume: »Wie würde ich mich optimalerweise in 6 Monaten fühlen?«, »Was ist bis dahin alles Tolles passiert?«. Beim Träumen ist alles erlaubt, beschränkt euch also nicht auf das, was ihr für realistisch haltet.
Methoden-Idee 2: Die Kerzenmethode
Setzt euch in einem Kreis um 10 Kerzen und zündet die Hälfte davon an. Brennende Kerzen stehen für Positives (z. B. »Darauf freue ich mich«), ausgepustete für Negatives (z. B. »Ich habe Bedenken, weil…«).
Nun ist der Raum offen für Redebeiträge. Wer sprechen möchte, zündet eine Kerze an oder pustet eine aus – je nachdem, ob Positives oder Negatives geteilt wird.
Sind alle Kerzen an, darf nur noch etwas Negatives geteilt werden. Sind alle aus, nur noch etwas Positives. So entsteht ein Gleichgewicht und sowohl Freude als auch Sorgen finden ihren Platz in der Runde.
Die Methode endet, wenn niemand mehr etwas sagen möchte oder nach einer vorher festgelegten Zeit.
Wünsche an die Gruppe
- Was wünscht ihr euch von der Gruppe und den einzelnen Mitgliedern?
- Welches Verhältnis wünscht ihr euch von den Mitgliedern zur Gruppe?
- Was sind eure Ängste in Bezug auf die Gruppe?
- Was sollte auf gar keinen Fall passieren?
- Was wollt ihr neben Geld noch miteinander teilen?
Biografie & Verhältnis zu Geld
- In welchem Verhältnis zu Geld seid ihr aufgewachsen?
- Was davon prägt euch noch heute?
- Wann habt ihr euer erstes eigenes Taschengeld bekommen? Wisst ihr noch, wie viel das war? Wofür habt ihr es ausgegeben?
- Wie wurde in euren Familien über Geld geredet?
- Habt ihr neben der Schule für Lohn gearbeitet? Wie war das?
- Welche Jobs/ Lohnarbeiten hattet ihr bisher? Wie war das?
- Was war eure größte Ausgabe/ Investition bisher? Warum habt ihr euch dafür entschieden?
- Was würdet ihr gerne an eurem Verhältnis zu Geld ändern?
- Wofür gebt ihr gerne Geld aus? Wofür gar nicht?
- Fällt es euch leicht, euch etwas zu gönnen? Und Anderen?
Privilegien und Hierarchien
- Welche ·Privilegien· und Diskriminierungen prägen das Gruppengefüge?
- Welchen Umgang wünscht ihr euch jeweils damit?
- Welche Hierarchien gibt es schon jetzt in der Gruppe, welche befürchtet ihr?
- Wie wollt ihr euren Umgang miteinander organisieren, sodass möglichst alle Mitglieder gleichberechtigt wahrgenommen werden?
Rote Linien
- Was sind für euch nicht verhandelbare Grenzen…
- im Umgang miteinander?
- im Umgang mit Geld?
- beim Konsum (z.B. keine Tierprodukte)?
- bei politischen Themen?
- Ist an dieser Stelle wirklich eine rote Linie, die nicht überschritten werden darf, oder gibt es von den Anderen Vorschläge für einen gemeinsamen Umgang, mit dem ich leben könnte?
Finanzen
Wenn ihr euch über das Soziale ausgetauscht und besser kennengelernt habt, geht’s ans Konkrete: Eure finanziellen Verhältnisse. Beginnt am besten bei den alltäglichen Einnahmen und Ausgaben. Später könnt ihr auch über Vermögen und Erbe sprechen, wenn ihr wollt.
- Welches Geld wollt ihr teilen? (aktuelles Einkommen, Erspartes, Teile des Vermögens…)
- Welche Ausgaben wollt ihr teilen? (Alltagskosten, Schuldenrückzahlung, Versorgung von Mitmenschen, Spenden,…)
- Bei welchen Ausgaben (Höhe/Art) wünscht ihr euch Rücksprache mit der Gruppe, bevor Geld ausgegeben wird?
- Hängen noch weitere Menschen irgendwie an der GemÖk dran, z.B. Kinder, Beziehungspersonen etc.? Was bedeutet das für die Finanzen?
- Wie hoch sind eure voraussichtlichen individuellen Einnahmen und Ausgaben?
- Was braucht ihr als Gruppe mindestens? Wenn ihr wollt, legt einen Minimalbedarf pro Monat fest.
- Wann habt ihr wirklich mehr Geld, als ihr selbst benötigt? Wenn ihr wollt, legt einen Maximalbetrag fest, ab dem ihr Geld weiterverschenken wollt.
Empfehlung: Teilt euer gesamtes aktuelles Einkommen und eure gesamten alltäglichen Ausgaben.
Methode: Finanzüberblick
Schreibt alle individuellen Einnahmen und Ausgaben, die ihr im nächsten halben Jahr (oder einem anderen Zeitraum) erwartet, auf. Dabei ist es hilfreich, zwischen regelmäßigen Einnahmen und Ausgaben (Lohn, Miete, Lebensmittel) und einmaligen (Ferienjob, Urlaub, neue Schuhe) zu unterscheiden. Stellt dann den anderen eure Ergebnisse vor, um ein Gefühl für die finanzielle Situation und den Lebensstil der Anderen zu bekommen. Manchmal kommen in diesem Prozess Diskussionspunkte auf – nehmt euch Zeit, sie zu besprechen.
Reflexionsfragen:
- Wie fühlt es sich an, die eigenen Einnahmen und Ausgaben transparent zu machen?
- Was macht es mit euch, das Einkommen der anderen zu sehen?
- Was macht es mit euch, zu sehen, wofür die anderen Geld ausgeben?
- Was ist für euch selbstverständlich, was für andere undenkbar ist? Und andersherum?
Im nächsten Schritt könnt ihr die Zahlen direkt nutzen, um einen groben Überblick über eure Gesamtfinanzen zu bekommen:
Addiert die erwarteten Gruppen-Einnahmen und -Ausgaben und schreibt das Ergebnis auf. Trennt dabei wieder die monatlichen und einmaligen Posten. Jetzt schaut euch die Ergebnisse gemeinsam an: Seid ihr im Plus? Wenn nicht, überlegt euch, wie ihr damit umgehen könntet (Ideen bei
3.1 Finanzierung der GemÖk). Wenn ihr wollt, könnt ihr jetzt auch über Maximal- und Minimalbeträge reden.
Reflexionsfragen:
- Wie fühlt es sich an, alle unsere Einnahmen und Ausgaben in einem Topf zu sehen?
- Was macht die Vorstellung mit mir, mehr/weniger Geld als andere einzubringen ?
- Fühle ich mich mit den finanziellen Aussichten der GemÖk sicher genug?
Erfahrungsgemäß können bei den Fragen rund um Finanzen Spannungen auftreten, da Menschen von unterschiedlichen Standpunkten kommen. Wenn ihr das bemerkt, dann seid ihr genau richtig! Das ist der Punkt, an dem ihr ansetzen solltet. Sprecht die Spannung an, auch wenn der Prozess dadurch vermeintlich unterbrochen wird. Teilt dann miteinander, wie es euch gerade geht, welche Gefühle und Gedanken ihr dazu habt und ob ihr etwas von der Gruppe braucht, um mit dieser Spannung gut umzugehen.
Buchhaltung und Geldschieberei
Wenn ihr es bis hierhin geschafft habt und euch sicher seid, dass ihr wirklich eine GemÖk gründen wollt, dann bleibt nur noch die Frage zu klären, wie das Geld denn nun geteilt wird. Von einer Truhe mit Bargeld bis zum gemeinsamen Verein mit Vereinskonto gibt es viele Möglichkeiten und ihr könnt individuell herausfinden, was es in eurem Fall braucht.
Generell ist es bei neuen GemÖks empfehlenswert, nicht zu viel Neues zu erschaffen und bürokratische Monster zu bauen. Lieber einfach mit dem anfangen, was leicht zugänglich ist und dafür mehr Zeit haben, das Gefühl von »das ist alles unser Geld« zu nähren.
Geld-Logistik
- Wie wollt ihr das Geldteilen logistisch organisieren?
(Ideen dazu bei 3.2 Konten und Co.) - Wollt ihr eine Buchhaltung führen? Wenn ja, wie detailreich? Und wo?
- Welche rechtlichen Rahmenbedingungen müssen bei eurer Geld-Logistik berücksichtigt werden (Steuern, Sozialleistungen, Erbschaften, Pfändungen etc.)?
(Mehr dazu bei 3.5 Rechtliches)
Rahmen des Experiments
- Macht euch einen Plan für den Verlauf des Experiments.
- Wie lange wollt ihr euer Geld teilen? Wann wollt ihr anfangen?
- Wie oft wollt ihr euch wo und in welchem Rahmen treffen?
- Was passiert bei den Treffen und wer bereitet sie vor?
- Gibt es bestimmte Punkte, die bei jedem Treffen besprochen werden sollen?
- Was passiert am Ende des Experiments?
- Was macht ihr, wenn eine Person das Experiment vorzeitig verlassen will? (Mehr dazu bei 3.4 Ausstieg und Ausstiegsvereinbarungen)
Kommunikation und Technologie
- Über welchen Kanal wollt ihr in Kontakt bleiben?
- Was wird wo besprochen?
- Wollt ihr eure Treffen und Vereinbarungen protokollieren?
- Wie wollt ihr eure Daten schützen?Einfach loslegen!
Wenn das Gröbste geklärt ist, seid ihr bereit zum Loslegen. Auch wenn noch nicht alle Details klar sind: Ein Gefühl für alles entwickelt sich am besten in der Praxis, also let’s go GemÖk!
Keine Kommentare vorhanden
Keine Kommentare vorhanden