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3.10 Rechtsformen gründen

Wenn Behörden und Gerichte sich für euch interessieren, zum Beispiel um Sozialleistungen zu prüfen, Pfändungen durchzusetzen oder Steuern einzutreiben, werden sie versuchen, eure Finanzflüsse in die Logik zivilrechtlicher Konstrukte wie GbR, Bruchteilsgemeinschaft, Schenkungsverträge usw. einzuordnen. In manchen Fällen kann es sinnvoll sein, dem vorzugreifen und selbst eine Rechtsform für die GemÖk zu wählen. Zwei gängige Möglichkeiten dafür sind die GbR und der Verein.

GemÖk als GbR

Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ist eine einfache Personengesellschaft mit gemeinsamen Zweck, die auch durch mündliche oder stillschweigende Verträge entstehen kann. Das heißt, durch die Praxis des Geldteilens könnt ihr als GemÖk als GbR gewertet werden, ohne es zu wollen und wissen. Der gemeinsame Zweck könnte dann, falls nichts vereinbart ist, z.B. darin bestehen, für ein gutes, auskömmliches Leben für alle Beteiligten zu sorgen. Dann gelten formal die allgemeinen Bestimmungen in §705 – §740 BGB. Diese Standard-Bestimmungen sind jedoch im Grunde recht nah an der Realität vieler GemÖks.

Wenn ihr die Gründung einer GbR selbst formal angeht, können abweichende Vereinbarungen festgehalten werden, was mehr Handlungsspielraum mit sich bringt, wie die Möglichkeit ein Bankkonto zu eröffnen oder Immobilien zu kaufen. Zur Gründung genügt es, einen Gesellschaftsvertrag miteinander abzuschließen, vielleicht habt ihr ja ohnehin schon Werte, Entscheidungsverfahren oder ähnliches festgehalten. Bei Ein- oder Austritten wird dann einfach der Vertrag geändert oder neu gefasst. Eine Registrierung ist nur nötig, wenn ihr z.B. im Grundbuch stehen wollt. Dann werdet ihr zu einer eGbR.

Manche Menschen schrecken vor einer GbR zurück, weil diese vorsieht, dass jede Person mit ihrem Privatvermögen haftbar gemacht wird. Das stimmt, gilt allerdings nur für Rechtsgeschäfte, die im Namen der GbR eingegangen werden — nicht für das, was Einzelne als Privatperson tun. Konkret heißt das: man haftet nicht für Schäden oder Schulden der anderen Mitglieder. Die private Haftung greift nur, wenn ihr ein gemeinsames Rechtsgeschäft als GbR eingeht, z.B. einen Kredit aufnehmt.

Vorteile einer GbR

  • Rechtliche Absicherung der Vereinbarungen
  • Geschäftskonto als GemÖk-Konto
  • Gemeinsame Definition im Gesellschaftsvertrag kann das Gefühl für die GemÖk stärken
  • Eigentum kann rechtssicher ·kollektiviert· werden
  • Juristische Gleichrangigkeit der Mitglieder

Nachteile einer GbR

  • Bürokratischer Aufwand (z.B. bei der Steuererklärung)
  • »Einlagen« sind nicht sicher vor Pfändung
  • Private Haftung für die GbR selbstGemÖk als Verein

Ein Verein ist ähnlich wie eine GbR recht unkompliziert zu gründen. Laut den allgemeinen Bestimmungen (§21 – §79a BGB) müssen dabei bestimmte Vorschriften beachtet werden; insbesondere braucht es mindestens sieben Mitglieder, eine Satzung und einen Vorstand, der von der protokollierten Mitgliederversammlung gewählt wird und nach außen Entscheidungen für den Verein treffen kann. Im Gegensatz zur GbR gibt es hier also eine Logik der Repräsentation und die Grundidee, dass die Rechtsstruktur unabhängig existiert, selbst wenn die Mitglieder sich ändern.

Die Ungleichheit zwischen Mitgliedern und Vorstand kann verringert werden, indem z.B. einfach alle in den Vorstand gewählt werden, per Satzung soweit möglich alle Entscheidungen der Mitgliederversammlung übertragen werden, oder in der Praxis ·Konsensentscheidungen· mit allen gelten.

Wer die Mitglieder sind und wer im Vorstand sitzt, ist im Grunde auch egal; es ist denkbar und gängig, dass Menschen außerhalb der GemÖk den Verein gründen und sogar im Vorstand sind, z.B. um Vereinsgeld besser vor Pfändung zu schützen, oder wenn die GemÖk weniger als sieben Mitglieder hat.

Bei einem Verein haftet, im Gegensatz zur GbR, nur der Vorstand mit Privatvermögen und nur im Falle von »grob fahrlässigem Verhalten«. Da ist das Risiko also ziemlich gering, für irgendwelche Dinge privat belangt zu werden. Wenn geklärt ist, wer in den Verein kommt, braucht es nur noch eine formal korrekte Satzung sowie ein Gründungsprotokoll und der Verein ist offiziell gegründet.

Verein eintragen

Es gibt die Möglichkeit, einen Verein eintragen zu lassen — allerdings bringt das einige bürokratische Anforderungen mit sich. Vorteile sind eine größere Rechtssicherheit, da ein nicht eingetragener Verein unter bestimmten Bedingungen vor Gericht auch als GbR betrachtet werden könnte. Außerdem kann der Verein nach der Eintragung die Gemeinnützigkeit beantragen, was zwar bürokratisch anspruchsvoll ist, aber einen Haufen steuerrechtlicher und finanzieller Vorteile mit sich bringt. Hierfür braucht es dann eine kreative Begründung, warum die Ausgaben der GemÖk einem der Zwecke aus §52 der Abgabenordnung entsprechen, also das Allgemeinwohl fördern. Insbesondere, wenn eure GemÖk ohnehin nach außen wirkende Projekte umsetzt, könnte es sich anbieten, diese Projekte im Rahmen eines (gemeinnützigen) Vereins zu machen .

Der wirtschaftliche Verein

Alternativ zur Eintragung kann ein Verein auch die Rechtsfähigkeit von einer Behörde verliehen bekommen. Dann ist es ein w.V. nach § 22 BGB. Diese Rechtsform ist eigentlich für GemÖks sehr passend, da sie genau für die Situationen gedacht ist, in denen ein Verein eben nicht ideelle Zwecke verfolgt, sondern die Mitglieder gemeinsam wirtschaften. Allerdings darf er nur verwendet werden, wenn keine andere Rechtsform in Frage kommt. Das muss mit einer Behörde ausgehandelt werden. Es gibt einige Beispiele, bei denen das funktioniert hat, für die meisten Behörden ist das aber neu.

Vorteile eines Vereins

  • Rechtliche Absicherung der Vereinbarungen
  • Vereinskonto als GemÖk-Konto
  • Gemeinsame Definition des Vereinszwecks kann das Gefühl für die GemÖk stärken
  • Eigentum kann rechtssicher kollektiviert werden
  • Ein gängiger Weg, um Geld vor Pfändung zu schützen
  • Beschränkte private Haftung der Mitglieder
  • Bei Gemeinnützigkeit: Keine Schenkungssteuer!

Nachteile eines Vereins

  • Bürokratischer Aufwand
  • Der Verein ist für ideelle Zwecke gedacht. Das gemeinsame Wirtschaften darf eigentlich nur eine Nebensache sein.
  • Offizielle ·Hierarchie· zwischen den Mitgliedern
  • Bei Gemeinnützigkeit
    • Mehr dauerhafte Buchhaltung notwendig
    • Geld muss Satzungskonform ausgegeben werden
    Weitere Rechtsformen

Es gibt noch eine Reihe weiterer Rechtsformen, die in einzelnen Fällen sinnvoll sein können. Meist ist der Aufwand aber so groß, dass es sich nur lohnt, wenn ihr größere Projekte zusammen angeht oder wenn ihr eine übergeordnete Struktur für mehrere GemÖks bauen wollt.

  • Die Genossenschaft wurde eigentlich genau dafür entwickelt, gleichberechtigt gemeinsam zu wirtschaften. Leider waren die Versuche, die Gesetze so zu ändern, dass auch ohne Prüfungsverbände, Bilanzen usw. gestartet werden kann, noch nicht erfolgreich.
  • Eine Stiftung kann auch interessant sein. Dabei entwickelt das gemeinsame Vermögen quasi auf Dauer ein Eigenleben. Auch hier ist es möglich, ohne Eintragung oder ähnliches zu starten. Eine solche Treuhandstiftung kann aber nicht selbst handeln, sondern muss von z.B. einem Verein verwaltet werden. Denkbar wäre z.B. einen Verein o.ä. zu schaffen, der dann für mehrere GemÖks das Vermögen besitzt und rechtlich für sie handelt.
  • Das Bundesministerium der Justiz plant seit 2024 die Einführung der Institution der Verantwortungsgemeinschaft, mit der es bis zu sechs Menschen rechtlich erleichtert wird, sich gemeinsam zu organisieren.