1 - Was ist Krätze?
Krätze (auch Skabies genannt) ist eine infektiöse Hautkrankheit, die von einer kleinen Milbe ausgelöst wird, die parasitisch auf der Haut des Menschen lebt. Der menschliche Körper entwickelt nach einigen Wochen auf den Kot der Milben eine Art allergische Reaktion. Dies führt zu entzündeten Punkten auf der Haut, die stark jucken können. Krätze ist keine gefährliche Krankheit und überträgt sich in den meisten Fällen nur über längeren Hautkontakt mit einer anderen Person.
Die Behandlung und den Umgang mit Krätze wird aber dadurch erschwert, dass es zwischen 2-5 Wochen dauert, bis die ersten Symptome auftauchen. In dieser Zeit kann mensch aber bereits andere anstecken, ohne es zu wissen. Wichtig ist es deswegen, bei Verdacht oder Klarheit auf eine Krätzeinfektion alle Menschen zu benachrichtigen, mit denen ihr in den letzten 5 Wochen engeren Hautkontakt hattet!
1.1 Die Milbe & ihr Lebenszyklus
Die Krätzemilbe ist ein Parasit, der auf den Menschen spezialisiert ist und nur auf dem Menschen leben kann. Die Krätzemilbe gehört zu den Spinnentieren und ist verwandt mit den Hausstaubmilben und den Zecken. Weibliche Krätzemilben werden 0,3 bis 0,5 mm groß (mit dem menschlichen Auge gerade noch als Punkt sichtbar), männliche Milben 0,21 bis 0,29 mm.
Die Sauerstoffaufnahme erfolgt über die Körperoberfläche der Milbe, sodass der Parasit nicht tiefer als in die Hornschicht eindringen kann. Weiblichen Krätzemilben graben tunnelförmige Gänge und bewegen sich pro Tag ca. 0,5 bis 5 mm vorwärts und legen in diesen Gängen Eier ab. Die Begattung findet auf der Hautoberfläche statt. Die männlichen Milben sterben danach, nur die befruchteten Weibchen graben sich in die Hornhaut ein. Sie bleiben etwa 30 bis 60 Tage lebensfähig und verlassen in dieser Zeit das Tunnelsystem in der Regel nicht mehr.
Aus den Eiern schlüpfen nach 2 bis 3 Tagen Larven, die an die Hautoberfläche ausschwärmen und sich dort in Falten, Vertiefungen und Haarfollikeln zu Nymphen und nach etwa 2 bis 3 Wochen zu geschlechtsreifen Milben entwickeln. Dieser Zeitraum ist wichtig für die Behandlung mit Substanzen, die nicht ovizid (eitötend) sind und – per se oder unter bestimmten Bedingungen – genügend in der Haut gespeichertwerden.
Die Infektiosität von Krätzemilben ist umso geringer, je länger sie von ihrem Wirt getrennt sind. Bei 34°C Umgebungstemperatur überleben Milben bereits weniger als 24 Stunden, bei 50°C (z.B. Waschmaschine, Trockner) nicht länger als 10 Minuten. Niedrigere Temperaturen und eine höhere relative Luftfeuchtigkeit verlängern dagegen die Überlebenszeit. Sinkt die Umgebungstemperatur unter 16°C, sind die Milben in ihrer Bewegungsfähigkeit eingeschränkt und können nicht mehr in die Epidermis. Bei den in Deutschland üblichen Raumtemperaturen und Luftfeuchtigkeit (21°C und 40 bis 80% relativer Luftfeuchtigkeit) sind Krätzemilben mit großer Wahrscheinlichkeit nicht länger als 48 Stunden infektiös.
1.2 Vorkommen
Krätze kommt weltweit vor und betrifft Menschen jeden Alters. In Gebieten mit einem kühlen Klima gibt es im Winter mehr Ansteckungen mit Krätze. Dies liegt vermutlich daran, dass Menschen mehr Zeit drinnen und enger zusammen verbringen. Zusätzlich ist auch die Überlebenszeit der Milben auf Textilien länger, wenn die Umgebungstemperaturen niedriger ist.
1.3 Übertragung
In der Regel wird die Krätze durch direkten Haut-zu-Haut-Kontakt übertragen. Die Übertragung eines einzigen begatteten Milbenweibchens oder mehrerer Larven von unterschiedlichem Geschlecht reichen für eine Infektion aus. Da sich Krätzemilben nur langsam bewegen und sich an Geruch- und Temperaturgradienten orientieren, setzt eine Übertragung einen großflächigen, längeren und kontinuierlichen Haut-zu-Haut-Kontakt in der Größenordnung von 5 bis 10 Minuten voraus. Dementsprechend sind Handschütteln, Begrüßungsküsse, Umarmungen meistens sicher.
Ganz auszuschließen ist eine Infektion aber bei kurzer Berührung auch nicht, vor allem bei der eher seltenen →Borkenkrätze. Personen, die sich bei Menschen mit gewöhnlicher Krätze anstecken können, sind demnach im Regelfall Mitglieder einer Familie oder Wohngemeinschaft, z.B. Paare, eng vertraute Geschwister, Eltern mit Kleinkindern sowie pflegebedürftige Personen, deren Betreuer und Pfleger.
1.4. Krankheitsbild
Theoretisch ist eine Übertragung von Krätzemilben über Textilien wie Bettwäsche, Wolldecken, Unterwäsche oder Verbandsstoffe möglich, aber wegen der rasch abnehmenden Infektiösität außerhalb der Haut, der geringen Milbenzahl auf immunkompetenten Menschen und der langsamen Fortbewegung der Milben bei der gewöhnlichen Krätze in der Praxis selten. In einer Studie trat eine Ansteckung nur bei zwei von 63 oder vier von 272 Probanden auf, welche bezogene Betten bzw. Kleider von stark infizierten Personen benutzt hatten (Burgess I 1994).
Die klare Diagnose von Krätze braucht viel Erfahrung, da die Hautveränderung bei jeder Person anders aussehen. Manche Menschen haben kaum Symptome, vielleicht ein paar rote Pünktchen, die kaum Jucken. Andere Menschen bekommen Pusteln und Entzündungen an vielem Stellen am Körper. Bei Menschen, die ein stark geschwächtes Immunsytem haben, kann es zu der selten Form der →Borkenkrätze kommen.Die meisten Allgemeinärzt*innen haben nicht viel Erfahrung mit der Diagnose, dewegen empfehlen ich bei Zweifel, ob eine Infektion besteht, direkt zu eine*r Hautärzt*in zu gehen.Krätzemilben bevorzugen Hautgebiete mit eher hoher Temperatur und dünner Hornschicht, also Gebiete in denen sie es warm haben und gut in die Haut eindringen können.
Vermehrt treten deswegen Krätzesymptome an den Falten zwischen Fingern und Zehen, am Handgelenk und den Fußleisten, in den Achselhöhlen, unter den Brüste, am Bauchnabel, im Schritt und in der Pofalte auf. Infektionen am Kopf und Nacken sind nur bei →Borkenkrätze üblich. Bei Säuglingen und Kleinkindern findet man typische Hauterscheinungen auch am behaarten Kopf und im Gesicht.DiehäufigstenHautveränderungenbestehenauskomma-artigen,oftunregelmäßig gewundenen, wenige Millimeter bis 1cm langen Milbengängen, an deren Ende sich manchmal ein kleines Bläschen ausbildet. Zusätzlich entstehen entzündete Punkte mit Bläschen oder Papeln. Diese Hautveränderungen sind Ausdruck einer entzündlichen Reaktion, die durch vom Immunsystem in Reaktion auf den Kot der Milben zeitverzögert ausgelöst wird. Eine klare Diagnose ist für Laien schwierig, und auch normale Ärzt*innen sind oft überfordert. Mit einem Dermatoskop (einer Art starken Lupe) können unter Umständen Milben oder Eier entdeckt werden, aber auch das erweist sich oft als schwierig.
Keine Kommentare vorhanden
Keine Kommentare vorhanden