Persönliches Unwohlsein heisst nicht automatisch, dass mensch diskriminiert wird
"Eine weitere beunruhigende Manifestation der Politik von Safer Spaces ist die
Betonung des persönlichen Komforts, die polizei-ähnliches Verhalten in
konsensorientierten Gruppen oder Räumen unterstützt. [...] Die Betonung des
persönlichen Komforts ist unproduktiv, reformistisch und kann die Energie und den
Schwung von in Bewegung befindlichen Körpern zum Stillstand bringen. Die Politik
der Unschuld und die Politik der Sicherheit und Bequemlichkeit sind insofern
miteinander verbunden, als beide Strategien Passivität verstärken. Bequemlichkeit
und Unschuld produzieren sich gegenseitig, wenn Menschen ihre Forderung nach
Bequemlichkeit auf die Unschuld ihres Ortes oder ihrer Subjektposition gründen.
Die Ethik unserer Positionen und Identitäten (als Menschen innerhalb der USA, die
unter dem globalen Kapitalismus leben) ist ein schlechter Witz, wenn man bedenkt,
dass wir auf gestohlenem Land in einer Nation leben, die auf Sklaverei und
Völkermord aufgebaut ist, und obwohl ich eine queere Woman of Colour bin, ist
meine Existenz als Mensch, der in den USA lebt, auf Gewalt aufgebaut. Als nicht
inhaftierte Person wird meine "Freiheit" nur durch die Gefangenschaft von Menschen
wie meinem Bruder verstanden, der im Alter von 17 Jahren zu lebenslanger Haft
hinter Gittern verurteilt wurde. Wenn wir über Sicherheit nachdenken, versäumen wir
es, kritische Fragen über das co-konstitutive [also sich gegenseitig herstellende]
Verhältnis zwischen Sicherheit und Gewalt zu stellen". (Wang, S. 20).
Natürlich ist der Kontext in der Schweiz (und in Deutschland) ein anderer, aber auch
hier gründet unser Leben auf der Ausbeutung der Mehrheitswelt (auch: globaler
Süden), auf der Arbeit von Personen ohne die richtigen Papiere und von Gefangenen,
auf der Care-Arbeit von TINF-Personen, etc. Eine ehrliche, stetige, konstruktive und
ja, unbequeme Auseinandersetzung ist also in jedem Fall einem falschen Komfort
vorzuziehen, der sowieso nicht für alle erreichbar ist und grundsätzlich auf der
Diskriminierung anderer beruht.