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Gefängnissupport - Konzept und Strategie

Diese Seite gibt euch Überblick zu der Tätigkeit, dem Aufgabenbereich, und den Angeboten der Gefängnis-AG. Im weiteren sind verschiedene Aspekte des Gefängnissupports jeweils in die Zeitabschnitte “Vorbereitung”, “Begleitung” und “Nachbereitung” unterteilt, um zu verstehen welche unterschiedlichen Aufgaben zu unterschiedlichen Zeiten anfallen.

Die Aspekte, die näher beleuchtet werden sind:

  1. Aufbau der Gefängnis-AG & den individuellen Betreuungen;
  2. die Begleitung der Menschen;
  3. beteiligte AGs und ihre Rollen;
  4. Kommunikation und Informationsflüsse;

Für die konkrete Betreuung erarbeitet die Gefängnis AG gerade Checklisten für die betroffenen Personen und die Betreuungspersonen, damit besonders in der Vorbereitung nichts Wichtiges vergessen wird.

Kontakt Gefängnis AG: legal@raz-ev.org (bitte an Gefängnis AG adressieren)

Hinweis: Wir wollen keinen Menschen in der Repression alleine lassen. Es braucht die aktive Beteiligung des Umfelds (etwa seiner Bewegung und darüber hinaus), um das zu gewährleisten. Denke immer daran, dass du schlussendlich trotzdem alleine in Haft bist und dass du für dich selbst die Verantwortung trägst. Bereite dich also gut vor und finde Stärke und Ressourcen in dir selbst, um Gefängnis gut zu überstehen.

Zusammenfassung von strategischen Überlegungen zu Gefängnisaufenthalten

 

Gefängnissupport – Struktur

In diesem Beispiel gibt es gerade 3 Menschen der Bewegung “Letzte Generation”, die ins Gefängnis gehen und deshalb 3 Betreuungsgruppen. Jede betroffene Person baut ihre eigene Betreuungsgruppe auf.

 

Beteiligte Gruppen/Rollen

Auf der Grafik finden sich ganz unterschiedliche Gruppen - diese sind hier direkt ausführlich erläutert mit Blick auf ihre Rolle im Prozess.

Gefängnis AG:

  • Erstellt, reflektiert und überarbeitet Konzepte;
  • Organisiert und schafft neue Angebote, etc.;
  • Behält Überblick über alle Menschen, die ins Gefängnis müssen;
  • Berät Betreuungspersonen (direkt und über den Austauschraum zu Betreuungen);
  • Aufklärungsangebote machen, Kommunikation in die jeweilige Bewegung (hier Letzte Generation, über das Legal Team angebunden).

In der Gefängnis AG besprechen sich der Emo Support, die (Gefängnis-)Vernetzung, der Bereich Trainings und Bildung und die Legal Strategie.

Austauschraum zu Betreuungen:

  • Vernetzung aller Betreuungspersonen;
  • Tauschen sich über aktuelle Fragen und Herausforderungen in der Betreuung aus;
  • Menschen von der Gefängnis AG sind dabei und beantworten Fragen und nehmen Punkte in die AG mit;
    • Fachleute können hinzugezogen werden;
    • Emo-support kann hinzugezogen werden;
  • Fachlicher Austausch;
  • Austauschraum = Zoom Raum (wöchentlich), Signal Gruppe.

Betreuungsgruppen:

  • Gruppen zur Betreuung der individuellen betroffenen Personen (betroffene Person = Knasti/Häftling/Gefangene*r);
    • Emo-Support Person (die der*dem Betroffenen zugeteilt ist);
    • Personen aus dem persönlichen Umfeld des*r Betroffenen (vielleicht auch Widerstandsgruppe/Bezugsgruppe/etc.);
    • Anwält*in des*r Betroffenen;
  • Betroffene Person schlägt Menschen vor, spricht mit Menschen und fragt, ob sie sich Betreuung vorstellen können -> Betroffene bauen Betreuungsgruppe selbst auf!
    • (in Ausnahmefällen unterstützt Gefängnis AG hierbei);
  • Es kann passieren, dass Betreuungspersonen ausfallen/Betreuungspersonen brauchen unterschiedlich viel Unterstützung;
    • Einzelne aus der Gefängnis AG fühlen sich zuständig im Notfall einzuspringen und Ersatz zu besorgen
    • Supervision durch die Gefängnis AG im Austauschraum und individuell;
  • Betreuungsgruppe kümmert sich nicht nur um den*die Gefangene*n, sondern auch Vernetzung, Öffentlichkeitsarbeit, Briefkampagnen, Infotische, etc.;
    • Direkt mit Ansprechpersonen aus der Letzten Generation im Kontakt (z.B. Außenkommunikation).

Betreuungsperson:

  • Bevorzugt von Betroffenen selbst ausgewählt;
  • Zugang zum RAZ Tool -> Überblick über JVAs, Kontakte, besondere Bedürfnisse, To-Dos, etc.;
  • Koordiniert die Betreuungsgruppe;
  • Trägt die unmittelbare Verantwortung für die Betreuung der betroffenen Person.

 

Individuelle Betreuung(en)

Vorbereitung:

  • Jede*r Betroffene (Knasti) wählt eine Betreuungsperson aus.
    • z.B. persönlicher Kontakt/Angehörige/Bekannte/Freund*in, die*der diese Aufgabe gerne übernehmen will -> wird von der Gefängnis AG trainiert und in Absprachen und Informationsflüsse eingebunden.
    • Die Betreuungsperson kann aus der Gefängnis AG kommen.
      • Nur im Notfall! (Wenn es z.B. sehr schnell gehen muss)
      • Die Gefängnis AG besteht immer als Auffang-Struktur für ausfallende Betreuungspersonen. Es ist also wichtig, dass hier Kapazitäten frei bleiben.
  • Daten sammeln:
    • Gefängnis AG sammelt Daten zur JVA:
      • Informationen zusammensuchen, um konkrete Vorbereitung zu erleichtern (z.B. was muss ich zu Beginn organisieren, um telefonieren zu dürfen, etc.);
      • Mit Betroffener*m absprechen wo sie*er gemeldet ist und gemeinsam die jeweilige JVA anschauen -> überlegen, ob Ummeldung gut wäre (Möglichkeit so eine andere JVA zu wählen);
    • Betreuungsperson trägt persönliche Daten, Notfallkontakte, besondere Bedürfnisse etc. der betroffenen Person ein (im Legal Tool);
      • So können bei Ausfall der Betreuungsperson notfalls andere Personen übernehmen.
  • Konkrete Vorbereitung:
    • Betreuungsperson, Gefängnis AG (vllt. + Anwält*in) und betroffene Person machen gemeinsam eine Liste, was alles zur Vorbereitung nötig ist (ggf. allgemeine Checkliste erweitern um persönliche Bedürfnisse/Umstände);
    • Kommunikationswege möglichst schnell zu Beginn der Zeit in der JVA organisieren -> Plan machen
    • Option offener Vollzug und Freigang klären (frühzeitig klären);
    • Ummelden zu anderer Haftanstalt organisieren -> in lokale Widerstandsgruppen fragen, nach Kontakten fragen;
    • Ggf. Vollmachten vergeben für Bankkonto, etc./Schlüssel zu Wohnung weitergeben, …
    • Weitere Punkte zur Checkliste werden noch erarbeitet -> Checklisten werden bereitgestellt sobald verfügbar
  • Betreuungsgruppe:
    • Betreuungsperson (zusammen mit betroffener Person) gründet eine Gruppe zur Betreuung der betroffenen Person während der Haftzeit
      • Betreuungsperson
      • Ggf. Anwält*in
      • Angehörige, Freund*innen, solidarische Unterstützer*innen (ggf. Bezugsgruppe/WiG)
      • Emo support
      • Ggf. in Einzelfällen Ansprechperson von Presse/Außenkommunikation
      • Ggf. Gefängnis AG, wenn Informationsfluss sonst zu schlecht ist
  • Angehörige und Unterstützer*innengruppe auch vorbereiten
    • Ggf. zu Trainings einladen
    • Austauschräume organisieren und Erwartungen aneinander klären
  • Prozess: Wie gehen wir in Notfällen vor? Welche Notfälle kann es geben?
    • Absprechen und Vorbereiten
  • Orga: Haftantritt
    • Gruppe, die mit zur JVA kommt? (Mahnwache/Kundgebung? Andere kreative Ideen, wie z.B. Nicht freiwillig gehen, sondern aus Blockade mitnehmen lassen (zusätzliche Belastung)?);etc.
      • Aufgabe der Betreuungsgruppe
  • Presse: Bei Lokalpresse anrufen und erzählen, dass man in den Knast geht, etc. - Presse AG stellt Ansprechperson/Mentor*in bereit.
  • Social Media: Statement aufnehmen, gute Fotos machen
  • Bei Geldstrafen:
    • Absprache zu Rauskaufen: Wann, wie, wie wird das kommuniziert, etc.
  • Schon einmal Ideen zur Abholung sammeln: Wie möchte die betroffene Person ggf. abgeholt werden?

Begleitung:

  • Betreuungsperson hält per Telefon und Brief direkt Kontakt zur betroffenen Person (im Notfall über Anwält*in)
    • To-Dos, die aus dem Kontakt entstehen werden in die Betreuungsgruppe weitergegeben und dort verteilt, liegen aber zuerst immer in der Verantwortung der Betreuungsperson
      • Guthaben aufladen für Telefon; Päckchen packen und schicken; Buch/sonstige Gegenstände besorgen und versuchen reinzubringen; Etc.
        • Wissen hierzu (zur Beschaffung etc.) im Wiki notieren (Erfahrungssammlung).
    • Vermittlung von Seelsorge/Emo-Support, etc. soweit möglich (wenn von Außen), aber anstaltsinterne Seelsorger*innen/Psycholog*innen kann sich die betroffene Person von innen bestellen (Antrag).
    • Emotionaler Support auch für Betreuungspersonen während der Begleitung.
    • Vermittlung in Notfällen (an Gefängnis AG/Mirko)
      • Art des Notfalls?
        • Gefängnis AG sucht gemeinsam Lösung
        • Bei Gewalt/Gewaltandrohung/Schutz ggf. direkt an Mirko wenden (Prozess vorher absprechen)
  • Bei Geldstrafen:
    • Wenn Person entscheidet, die Haft beenden zu wollen -> Geld besorgen, um aus dem Gefängnis herauszukaufen
      • Ggf. Crowdfunding-Kampagne
      • Absprachen im Vorfeld zu einer Person, die vorstrecken kann (damit es schnell geht)
        • Dann Erstattung über Crowdfunding
      • Das Legal Team hat einen kleinen Notfall-Fund, wenn kein Mensch zum Vorstrecken gefunden werden konnte und es schnell gehen muss
  • Vorbereitung Haftende
    • Abholung organisieren
    • Bedürfnisse hierzu absprechen
      • Kleiner Rahmen (nur Freund*innen/Familie) oder größere Kundgebung etc.
    • Frühzeitig organisieren!
    • Auch: Wie stellst du dir die Tage danach vor?
    • Öffentlichkeitsarbeit
  • Angehörige mitbetreuen, wenn leistbar und sinnvoll
    • Manche Angehörige von Betroffene können in der Betreuung der Betroffenen Person unterstützen, manche Angehörige brauchen wiederum eher selbst eine Betreuung -> nicht vergessen

Nachbereitung:

  • Betreuungsverhältnis bleibt auch in den Monaten danach bestehen: Regelmäßig einchecken & Nachbereitungsangebote vermitteln.
  • Ggf. soziale Betreuung (Schuldnerberatung, Bürgergeldantrag zusammen stellen, etc.): Angebote vermitteln

 

Kommunikation und Informationsfluss

Vorbereitung:

  • Anwält*in
    • Kontakt zu Betreuungsperson herstellen (Vertrauensverhältnis schaffen)
    • In Betreuungsgruppe einbeziehen
    • Vorbesprechen welche Kommunikation über Anwält*in laufen kann/sollte und welche nicht
  • Seelsorger*in, etc.
    • Mögliche alternative Kommunikationswege über Vernetzung aufbauen
  • Betreuungsperson
    • Nummer freischalten als Kontakt (Nummer mit ins Gefängnis nehmen)
  • Notfallkontakt Mirko
    • Entweder über Betreuungsperson oder direkt Nummer mitnehmen
  • Adressen für Briefe mitnehmen
    • Die gleiche Adressliste (Kopie) nochmal von der Betreuungsperson in den Knast reinschicken lassen
  • Anfangskommunikation vorbereiten
    • Besonders das direkte Ankommen im Knast wird ohne Kommunikationsweg passieren
    • Kommunikation wird dann erst aufgebaut
    • Ggf. können Briefe zum Beispiel schon vor Haftantritt versandt werden, die dann kurz nach/direkt bei Haftantritt ankommen
    • Gefangene nimmt Postkarte mit (schon mit Briefmarke und Adresse) und sendet sie so bald wie möglich ab
      • Wenn nach 3 Tagen bei der Person draußen (adressiert) nichts angekommen ist wird Anwalt eingeschaltet
      • Dann ist der Kommunikationsweg wieder aufgebaut
    • In der Regel verändert die Anstalt ihren Umgang mit Post nicht während der Haft, wenn der Kontakt einmal läuft -> wichtig, dass das zu Beginn hergestellt wird

Begleitung:

  • Betreuungsperson überblickt und koordiniert Informationsfluss
    • Kommunikation effektiv halten
      • nicht doppelt sondern weitergeben
      • Austausch über Betreuungsgruppe
  • Briefe -> alle
  • Gefangene können nur nach draußen telefonieren
    • Es ist nicht möglich Gefangene von draußen proaktiv anzurufen
  • Begleitung Angehöriger etc.
  • Telefonate mit der Anstalt -> Betreuungsperson
  • Auch mit Seelsorger*in und Anwält*in kommunizieren

Nachbereitung:

  • Kommunikation auswerten und Erfahrungen sammeln/aufschreiben
    • JVA spezifisch und allgemein
  • Ggf. irgendwelche Vollmachten widerrufen
  • Betreuung sollte Kommunikation klären/planen für die Zeit nach der Haft
  • Gute Kontakte nach Entlassung versuchen aufrechtzuerhalten
  • guten Kontakten danken

 

Weitere Seiten:

Die Rolle des Emo-Supports in diesem Prozess kannst du hier nachlesen.

Die Aufgaben der Öffentlichkeitsarbeit in diesem Prozess kannst du hier nachlesen. 

Die Aufgaben der Vernetzung in diesem Prozess kannst du hier nachlesen.