3.2 Konten und co. – Logistik des Geldteilens
Eins vorweg: Am wichtigsten ist es, das Gefühl zu kreieren, dass das Geld, mit dem ihr umgeht, nicht »meins«, sondern »unsers« ist. Dabei kann ein geteiltes Konto oder eine gemeinsame Buchhaltung helfen. Aber auch wenn alle noch ihr eigenes Konto benutzen, kann sich dieses Gefühl einstellen. Ein paar Möglichkeiten, die dieses Gefühl unterstützen könnten, sind:
- Sich gegenseitig Zugriff zum Online-Banking geben
- Gemeinsam Geld abheben und unter den Mitgliedern verteilen
- Gemeinsam Geld ausgeben
- Bank- und Kreditkarten rotieren
- Austausch, Austausch, Austausch! Einfach darüber reden.
Kommen wir nun zu einer (unvollständigen) Übersicht von konkreten logistischen Lösungsansätzen:
- Bargeld-Topf
- Privatkonto als Hauptkonto
- Gemeinschaftskonto
- Verteilte Konten
Jede GemÖk hat hier andere Anforderungen und in der Regel wird es eine Kombination aus verschiedenen Lösungen geben.
3.2.1 Bargeld-Topf
Die GemÖk trifft sich regelmäßig in Präsenz oder wohnt zusammen. Alle heben dann einmal im Monat ihr gesamtes Einkommen ab und schmeißen das Bargeld in einen Topf. Aus diesem nehmen sich dann alle das raus, was sie (bis zum nächsten Treffen) brauchen.
Tipp: Bargeld ist immer eine gute Option, um zu vermeiden, dass Behörden Geldflüsse nachvollziehen können.
3.2.2 Privatkonto als »Hauptkonto«
Das persönliche Bankkonto eines Mitglieds wird zum Hauptkonto der GemÖk. Die anderen Mitglieder nutzen ihre persönlichen Konten bei Bedarf nur als Zwischenstation für das gemeinsame Geld und für individuelles Vermögen, das nicht Teil der GemÖk ist. Die Ausgaben werden wenn möglich alle vom Hauptkonto getätigt.
Wie Einnahmen auf das Hauptkonto kommen
Direkt aufs Hauptkonto
Du gibst allen, die dir Geld überweisen – also z.B. deinem Arbeitgeber – die Daten des Hauptkontos anstatt deines persönlichen Kontos. Manche werden sich wundern, warum sie das Geld an jemand anderen überweisen sollen – eine super Gelegenheit über das Prinzip GemÖk in den Austausch zu kommen und andere zu inspirieren!
Einnahmen weiterleiten
Einnahmen fließen weiterhin aufs persönliche Konto und werden dann per Überweisung auf das Hauptkonto geschickt. Das geht als regelmäßiges To-Do, oder bei gleichbleibendem Einkommen auch als Dauerauftrag.
Wie alle Ausgaben vom Hauptkonto tätigen können
Wenn ihr euch dafür entscheidet, ein persönliches Konto zum GemÖk-Konto zu erklären, ist die naheliegende nächste Frage: Wie kommen denn jetzt auch alle Mitglieder ans gemeinsame Geld ran? Es ist schließlich ziemlich unpraktisch, wenn eine Person sämtliche Überweisungen, Online-Käufe und Kartenzahlungen erledigen muss. Deswegen hier eine Ideensammlung zum Zugriff-Teilen:
Regelmäßige Ausgaben Umziehen
Du teilst allen, die per Lastschrift Geld bei dir einziehen, die neue Kontoverbindung mit und richtest Daueraufträge über das Online-Banking des Hauptkontos neu ein.
Regelmäßige Ausgaben Bilanzieren
Du machst es wie beim Punkt »Einnahmen weiterleiten«, überweist aber nur dein Einkommen abzüglich der monatlichen Ausgaben wie Miete, Strom, Handyvertrag, etc. auf das Hauptkonto.
Ist dein monatliches Einkommen niedriger als deine monatlichen Ausgaben, machst du es einfach andersherum: du überweist den fehlenden Betrag vom Hauptkonto auf dein Privatkonto.
Online-Banking-Zugang teilen
Alle bekommen die Zugangsdaten des Hauptkontos. So können alle Kontostand und Umsätze einsehen. Für Überweisungen braucht es allerdings eine 2-Faktor-Bestätigung, also eine TAN.
Leider ist es selten möglich, mehr als 3 Geräte zum Generieren von TANs einzurichten.
Konto-Vollmachten
Mensch kann recht unkompliziert Vollmachten für das Hauptkonto ausstellen. Die Bevollmächtigte bekommt dann einen eigenen Online-Banking-Zugang und eine Girokarte. Manchmal wird das Konto, für das die Vollmacht gilt, sogar direkt ins eigene Online-Banking hinzugefügt. Da Vollmachten eigentlich für den Notfall und nicht für den Alltagsgebrauch gedacht sind, kann es aber auch sein, dass ihr bei manchen Banken auf Unverständnis stoßt und die Situation etwas erklären müsst.
PayPal
PayPal ist deutlich weniger restriktiv, was die gemeinsame Nutzung eines Accounts angeht. Dort kann mensch sehr viele Telefonnummern für die 2-Faktor-Authentifizierung hinterlegen. Für Online-Ausgaben (Bahn, Vinted, Kleinanzeigen…) ist das auf jeden Fall ein angenehmer Weg. Zu beachten ist, dass Paypal in der Regel nicht mit einem Pfändungsschutzkonto genutzt werden kann.
Mit dem Smartphone zahlen
Ebenfalls über PayPal, teilweise auch direkt über die Bank, kann mensch mehrere Smartphones für kontaktloses Zahlen einrichten. Das ermöglicht allen Mitgliedern das Zahlen an der Kasse vom Hauptkonto. Bei vielen Supermärkten ist es damit auch möglich, bis zu 200€ Bargeld abzuheben.
Taschengeld
Eine Art Zwischenlösung ist das »Taschengeld«. Vom Hauptkonto wird Geld auf dein persönliches Konto überwiesen, welches du dann für deine Ausgaben nutzt. Sobald es leer ist, wird eine neue Runde Taschengeld überwiesen.
3.2.3 Gemeinschaftskonto
Gemeinschaftskonten gibt es Stand 2025 in Deutschland leider nur für 2 Personen. Aber es gibt einen Workaround, den Verein oder die GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts).
Verein oder GbR
Falls ihr euch entscheidet, eure GemÖk als Verein oder GbR rechtlich abzusichern, könnt ihr eure Satzung bei der Bank einreichen und damit ein Geschäfts- oder Vereinskonto eröffnen. So können alle einen Zugang und eine Karte für das Konto bekommen. In dieser Variante ist das Geld auf dem gemeinsamen Konto dann wirklich auch auf dem Papier ·kollektiver· Besitz, anders als bei den Varianten 1-3.
Mehr Infos zu Rechtsformen bei 3.10 Rechtsformen gründen.
3.2.4 Verteilte Konten (ohne Hauptkonto)
Viele GemÖks nutzen Systeme, mit denen sie sich auch ohne Hauptkonto ihr Geld teilen können. In der einfachsten Variante benutzen alle weiterhin ihre eigenen Konten und schieben sich bei Bedarf, also auf Anfrage Geld hin und her.
Dazu kommt vielleicht noch eine Chatgruppe oder ein Online-Dokument, in der regelmäßig der private Kontostand mitgeteilt wird, um ein wenig Transparenz über die finanzielle Lage der GemÖk zu schaffen. Es gibt auch sogenannte »Multi-Banking«-Dienste, also Banking-Apps und -Portale, bei denen mehrere Konten von unterschiedlichen Personen und Banken auf einmal angezeigt und verwaltet werden können. Ähnlich funktioniert es mit Vollmachten: Wenn alle Konten bei derselben Bank sind, können alle Konten mit erteilter Vollmacht direkt im eigenen Online Banking angezeigt werden.
Für einen genaueren Überblick, mehr Transparenz und einen gemeinsamen Kontostand eignet sich das »virtuelle Gemeinschaftskonto«.
Das virtuelle Gemeinschaftskonto
Logisch funktioniert das so: Wenn alle Einnahmen und Ausgaben an einer Stelle stehen, lässt sich der Gesamtkontostand der GemÖk errechnen. Was dabei von welchem Konto oder Bargeldstapel bezahlt wird, ist zunächst egal. Denn solange durch die Buchhaltung sichergestellt ist, dass nicht mehr Geld ausgegeben als eingenommen wird, muss das Geld sich irgendwo befinden. Bei Bedarf oder regelmäßig kann das »echte« Geld dann dorthin verteilt werden, wo es gerade gebraucht wird.
Eine einfache Variante des virtuellen Gemeinschaftskontos ist eine Online-Tabelle (»Excel-Datei«). Diese kann entweder online, also direkt im Browser bearbeitet werden (z.B. über Cryptpad) oder über einen Cloud-Dienst (z.B. Nextcloud) zwischen allen Mitgliedern synchronisiert werden, sodass alle immer die aktuelle Version haben.
In diese Tabelle tragen alle Mitglieder ihre Einnahmen und Ausgaben ein. Ihr könnt euch in der Gruppe überlegen, wie kleinteilig die Buchführung sein soll: von »Bilanz Februar: +140€« bis »jede Ausgabe mit Beschreibung einzeln eintragen« ist alles denkbar.
Überblicks-Liebhaber*innen können sich praktische Funktionen als Formeln einrichten. Wie wäre es mit einer monatlichen Einnahmen- und Ausgaben-Bilanz, verschiedenen Ausgaben-Kategorien oder virtuellen Spar-Töpfen? Die meisten Online-Tabellen können Informationen auch grafisch als Diagramme darstellen.
Das virtuelle Gemeinschaftskonto bringt einige Vorteile:
- Sofort loslegen können, ohne irgendwas an der realen Kontosituation ändern zu müssen
- Einen super Überblick über die Ausgaben und Einnahmen
- Die Möglichkeit, Einnahmen anteilig in verschiedene Töpfe zu sparen
- Regelmäßige Interaktion mit dem virtuellen Konto und ein gemeinsamer Kontostand helfen dem Gemeinschaftsgefühl
Ein möglicher Nachteil daran ist, dass alle Ausgaben und Einnahmen eingetragen werden müssen. Außerdem passt in der Praxis der virtuelle Kontostand manchmal aufgrund von Fehlern in der Buchhaltung doch nicht ganz zur realen Geldsituation. Es lohnt sich also, ab und zu einen Kassensturz zu machen und zu prüfen, ob der virtuelle Kontostand tatsächlich stimmt.
Wer es genau nimmt, geht dann bei Abweichungen auf Fehlersuche (»ah! Ich hatte ja noch 50€ von Oma zugesteckt bekommen, die ich nicht eingetragen habe.«). Wer es nicht so genau nimmt, lässt den Fehler einfach im System oder korrigiert ihn nur in der digitalen Buchhaltung, ohne dem Ursprung auf den Grund zu gehen.