Erfahrungsbericht – Geldteilen über die GemÖk hinaus
L. von »GönnÖk« | 3 Personen | besteht seit 3 Jahren
Wir sind seit zwei Jahren zu dritt in unserer GemÖk und es ist sehr schön! Wir haben uns über den Aktivismus kennengelernt, erst kam die Aktion, dann die Freund*innenschaft, dann die GemÖk. Den Großteil unserer Lebenszeit verbringen wir mit selbstorganisierter politischer Arbeit, für die es oft kein Geld gibt. Wir lohnarbeiten daneben aber auch in Jobs, die uns sinnvoll erscheinen, nämlich in der politischen Bildung und der Betreuung von Geflüchteten. Das machen wir nicht nur fürs Geld, sondern auch, um Struktur in unser Leben zu holen, um mal aus der Bubble rauszukommen, und ja, auch für die gesellschaftliche Anerkennung, die ein richtiges Anstellungsverhältnis mit sich bringt.
Zusammen mit einem konsumkritischen Lebensstil und dem Zugang zu vielen Kollektivstrukturen bleibt dabei mehr Geld übrig, als wir im Alltag ausgeben. Es sammeln sich also wachsende Geldbeträge auf unseren Konten, was in ziemlichen Widerspruch zu unserer antikapitalistischen politischen Überzeugung steht, nach der privates Vermögen gesellschaftliche Ungerechtigkeiten schürt.
Um nicht einfach endlos Geld anzuhäufen, haben wir deswegen nach einem Jahr in der GemÖk einen Maximalbetrag für unser Vermögen festgelegt. Dafür haben wir zuerst überlegt, wie viel Geld wir brauchen, wenn eine Person für ein Jahr garkeine Einnahmen hat, aber gestiegene Ausgaben, zum Beispiel wegen einer schweren Krankheit. Mit einem zusätzlichen anfänglichen »Wohlfühl-Puffer« liegt unser Maximalbetrag damit bei 15.000€. (I know: Das ist verdammt viel Geld, und damit sind wir deutlich reicher als viele GemÖks in unserem Umfeld.) Einmal im Quartal schauen wir jetzt auf unsere Gesamtbilanz, also das gesamte Geld, das wir als GemÖk haben. Liegen wir damit über dem Maximalbetrag, spenden wir alles darüber an politische Organisationen oder Einzelpersonen, die das Geld gerade gebrauchen können. Liegen wir darunter, passiert nichts. Meine bisherige Erfahrung damit: Es ist ein cooles Gefühl große Summen zu spenden. Gleichzeitig beobachte ich kritisch, wie schnell mich dabei ein »·White Savior·-Gefühl« oder ein bürgerliches gutes Gewissen einholen können.
Um unsere gemeinsamen Finanzen zu verwalten, haben wir einen Verein gegründet, der sich nach Satzung der Unterstützung selbstorganisierter politischer Arbeit verschrieben hat. Über das Vereinskonto können wir jetzt Geldbeträge abseits der Privatkonten verwalten. Das ist auch ein hilfreiches Konstrukt, um nach einer Privatinsolvenz gut und solidarisch leben zu können. Der Verein hilft mir persönlich außerdem dabei, das GemÖk-Geld weniger als »privat« anzusehen. Weil der Verein politische Arbeit fördern soll, fällt es mir damit viel leichter, mit dem Geld auf dem Vereinskonto Aktivistis und politischen Projekten außerhalb der GemÖk Geld zu geben. Letztendlich entscheiden aber trotzdem ausschließlich wir drei GemÖk-Mitglieder über das Geld, und gerade die ersten aufkommenden Sorgen über eine Altersvorsorge schränken die utopischen Ansprüche schon wieder ein, bevor sie sich richtig etabliert haben. Es bleibt also eine andauernde Aufgabe für uns auch in der GemÖk zwischen den äußeren Zwängen, den eigenen Ängsten und Sorgen und den politischen Ansprüchen zu vermitteln.