Gebührenbescheide - Bundesländer
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Baden-Württemberg
Widerspruch zu Gebührenverfahren, zu dem Strafverfahren eingestellt wurde, war erfolgreich
=> immer um Aussetzung des Verfahrens bitten, bis über Strafverfahren entschieden wurde
Flughäfen (Bund)
VORLAGE MIT ARGUMENTATION ZUM ANPASSEN
Ihr könnt diese Widerspruchsvorlage mit ihrer Begründung übernehmen. Ihr müsst die Vorlage aber noch auf euer Gebührenverfahren anpassen. Also etwa Datumsangaben austauschen, kontrollieren, ob Absätze enthalten sind, die für euren Fall nicht anwendbar sind und wenn möglich weitere Argumente basierend auf eurem individuellen Gebührenbescheid ergänzen.
Meldet euch bei Fragen gerne via: legal@raz-ev.org
Bayern
Bayerische Gebührenbescheide
- In Bayern muss direkt eine Klage eingereicht werden und nicht einfach ein Widerspruch, wie dies in anderen Bundesländern der Fall ist. Ob eine Klage gegen einen Gebührenbescheid aufschiebende Wirkung hat, ist umstritten. Häufig steht in den Bescheiden drin, dass eine Klage keine aufschiebende Wirkung hätte, aber das Verwaltungsgericht Würzburg hat in einem Beschluss festgestellt, dass ihrer Meinung nach die aufschiebende Wirkung besteht. Wenn du das Risiko von Mahngebühren vermeiden möchtest, solltest du vorsichtshalber erstmal bezahlen. Bei erfolgreicher Klage bekommst das Geld zurückerstattet. Ansonsten kannst du dich schriftlich bei der Polizei melden mit Hinweis auf deine Klage und sie auffordern die Vollstreckung des Gebührenbescheids wegen der aufschiebenden Wirkung auszusetzen. Falls die Polizei darauf nicht eingeht, riskierst du Mahngebühren von voraussichtlich erstmal 5€.
- Trotzdem musst du erstmal die Verfahrenskosten vorstrecken. Diese richten sich nach dem Streitwert der Klage (siehe Allgemeines) und liegen meistens bei 114€. Wenn du den Betrag nicht vorstreckst, wird das Gericht deine Klage voraussichtlich auch nicht bearbeiten.
- Als erstes musst du jetzt innerhalb eines Monates die Klage beim Verwaltungsgericht einreichen, am besten mit unserer Vorlage für Bayern. Bitte vergiss die Unterschrift nicht. Falls du die Klage faxen solltest, schick am besten das Original noch per Post hinterher. Außerdem solltest du eine Kopie des beklagten Gebührenbescheids anhängen, damit das Gericht den Streitwert ordentlich festlegen kann und nicht zu hoch ansetzt.
- Es besteht die Möglichkeit einen Antrag auf Ruhendstellung zu stellen. Wenn dem zugestimmt wird, bleibt deine Klage erstmal bis zur Entscheidung über die im Antrag genannten Klagen offen und es kommt vorher nicht zur mündlichen Verhandlung. Dies bietet die Möglichkeit die Entscheidung über die “Musterklagen” erstmal abzuwarten und dann die eigene Klage je nach Ausgang ggf. wieder zurückzuziehen.
- Inzwischen gibt es erste Entscheidungen über Klagen gegen Gebührenbescheide wegen Wegtragen von der Straße (Unmittelbarer Zwang) in Bayern. Nach aktueller Einschätzung (Stand Oktober 2024) werden die Erfolgsaussichten der Klagen als eher gering eingeschätzt, sofern nicht eindeutige formelle Fehler bei der Auflösung der Versammlung aufgetreten sind. Wenn es dir darum geht die Kosten zu vermeiden, ist eine Klage also nur bei formellen Fehlern der Versammlungsauflösung sinnvoll. Politische Klagen können darüber hinaus aber natürlich auch interessant sein.
- Eine Zusammenfassung zum Umgang mit Gebührenbescheiden in Bayern findet ihr außerdem in einem extra dafür aufgenommenem Video.
- Wendet euch bei Fragen an legal@raz-ev.org. Die Menschen aus der AG Verwaltungsrecht werden sich dann mit euch in Verbindung setzen.
Berlin
Berliner Gebührenbescheide
- Momentan ist es so, dass die Berliner Polizei leider unsere bisherige Vereinbarung (dass wir die Bescheide trotz fehlender aufschiebender Wirkung des Widerspruchs ausnahmsweise erstmal nicht zahlen müssen) beendet hat. Das heißt, dass die Einziehung nicht mehr ausgesetzt ist und wir deswegen davon ausgehen müssen, dass die 241 Euro wieder erst einmal gezahlt werden müssen, um Mahngebühren zu vermeiden. Die Vorlage des Widerspruchs für Berlin enthält zwar einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung. Bis über diesen entschieden wird, können aber bereits Mahngebühren angefallen sein.
- Es ist auch nach dem Beschluss des VG Berlin keinesfalls sicher, dass sie von ihrer Linie abweicht. Sprich es ist gut möglich, dass die Anträge auf Aussetzung abgelehnt werden und weiterhin vorläufig gezahlt werden muss. Zumindest hat es aber schon funktioniert eine laufende Pfändung und laufende Mahnverfahren mit Verweis auf den (noch nicht rechtskräftigen) Beschluss des VG Berlin auszusetzen.
- Allerdings haben wir vor dem VG in erster Instanz gewonnen - die Gebührenbescheide wurden für rechtswidrig erklärt. Sollte der Beschluss vor der Rechtsmittelinstanz aufrecht erhalten werden, bekommen wir unsere Gebühren zurück, wenn wir bis dahin alles richtig machen :)
- Widerspruch einlegen innerhalb der Frist mithilfe unserer Vorlage.
- 241€ überweisen. Wenn du hierfür finanzielle Unterstützung benötigst, gehe die hier aufgeführten Möglichkeiten durch. Brauchst du weitere Hilfe, wende dich bitte direkt an uns. Wenn du nicht gepfändet werden kannst und auch bereits eine Vermögensauskunft gemacht hast, betrifft dich dies nicht.
- Irgendwann bekommst du einen Widerspruchsbescheid. Das steht da auch genau so oben drauf. Das schickst du auch an legal@raz-ev.org & dann reichen wir gemeinsam die Klage ein - siehe nächster Punkt.
- Klage einreichen mithilfe unserer Vorlage. Die Klage muss unterschrieben werden und per Post (nicht per Mail oder per Fax!) an das Gericht geschickt werden. Sie sollte spätestens einen Monat nachdem der Widerspruchsbescheid angekommen ist, bei dem Verwaltungsgericht eingehen (am eindeutigsten ist es, wenn das Schreiben innerhalb eines Monats ab dem Datum, das auf dem Widerspruchsbescheid steht, bei Gericht eingeht).
- In dem freien Bereich auf der Vorlage solltest du darauf eingehen, wenn etwas in der Schilderung des Sachverhaltes falsch ist - du z.B. an dem Tag gar nicht auf der Straße warst o.ä..
- In der Klageschrift sollte auch kurz ausgeführt werden, dass und warum keine witterungsbedingte oder sonstige Gefahr für die klagende Person bestand. Die Klageschrift beantragt, das Verfahren bis zu einer Entscheidung in den Parallelsachen ruhen zu lassen. Wir werden sehen, ob die Gegenseite dem zustimmt.
- Wenn die Klage bei dem Gericht eingegangen ist, gibt es von dort eine Rechnung über einen Gerichtskostenvorschuss i.H.v. 114 Euro oder in der Größenordnung.
- Sag uns bitte Bescheid, wenn du Widerspruch und Klage eingereicht hast oder falls du dich dagegen entscheiden solltest.
Berlin Beschluss VG
Wir hatten vor dem Verwaltungsgericht Berlin Erfolg mit einer Klage gegen einen Berliner Gebührenbescheid. Obwohl das Urteil noch nicht rechtskräftig ist (die Staatsanwaltschaft hat Rechtsmittel eingelegt), ist das erstmal eine gute Sache. Es ergeben sich daraus aber auch ein paar Neuerungen und Dinge, die es zu beachten gilt.
Beschluss VG Berlin
Die Rechtsgrundlage, auf die sich bislang die Berliner Gebührenbescheide stützten ist:
- a) § 6 des Gesetzes über Gebühren und Beiträge GebG
- b) § 1 der Gebührenordnung für die Nutzung polizeilicher Einrichtungen PolBenGebO und Tarifstelle 8 des Gebührenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 1 der PolBenGebO)
- c) § 15 Abs. 2 iVm § 14 und § 36 des Allgemeinen Gesetzes zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Berlin (Allgemeines Sicherheits- und Ordnungsgesetz - ASOG Berlin)
- (Ihr findet diese auf der letzten Seite eures Gebührenbescheids)
Der Beschluss des Verwaltungsgerichts besagt nun, dass diese keine geeigneten Rechtsgrundlagen für unsere Gebührenbescheide darstellen.
Kursiv findet ihr die Zusammenfassung der Begründungen des Beschlusses.
- a) + b) §§ 1 Abs. 1, 3 Abs. 1 und Abs. 2, 6 Abs. 1, 9 Abs. 2, 10 Abs. 2 des Gesetzes über Gebühren und Beiträge (GebBtrG) iVm Tarifstelle 8 des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für die Benutzung polizeilicher Einrichtungen (PolBenGebO)
Keine Ersatzvornahme iSd § 9 Abs. 1 lit. a), § 10 Verwaltungvollstreckungsgesetz (VwVG) iVm § 8 I des Gesetzes über das Verfahren der Berliner Verwaltung (VwVfG Bln) - c) § 15 ASOG
Lösen keine unmittelbare Ausführung iSd § 15 ASOG - Auffangtatbestand § 8 Abs. 1 Satz 2 GebBtrG
Nicht gemäß § 8 Abs. 1 Satz 3 GebBtrH unter Berücksichtigung der in § 8 Abs. 2 bis 6 GebBtrG aufgestellten Grundsätze bestimmt.
Insbesondere nicht unter Berücksichtigung der Kosten des Verwaltungsaufwandes (vgl § 80 Abs. 2 GebBtrG).
Austausch der Ermächtigungsgrundlage wäre wegen Ermessensausfall auch rechtswidrig.
Was Bedeutet das Für Euch?
- Ihr habt bereits einen ablehnenden Widerspruchsbescheid bekommen und daraufhin Klage eingereicht:
Sobald sich das Verwaltungsgericht Berlin bei euch meldet, bezieht euch auf den Beschluss VG 1 L 363/23 und erbittet Erledigung, da die herangezogene Rechtsgrundlage nicht geeignet ist.
Dies könnt ihr natürlich auch proaktiv in einem in einem Schreiben an das Verwaltungsgericht Berlin tun.
Wichtig ist in jedem Fall:
Zieht nicht die Klage zurück, denn dann müsst ihr die Kosten tragen.
(hierzu kann es auch sein, dass ihr einen Brief vom VG Berlin bekommt, in dem sie euch bitten zur Erledigung Stellung zu nehmen. Auch hier solltet ihr auf keinen Fall schreiben, dass ihr die Klage zurückzieht, weil ihr dann die Kosten der Klage tragen müsst. Schreibt hier auch: "Ich erkläre die Klage für erledigt." - Ihr habt Widerspruch eingereicht und noch keinen ablehnenden Widerspruchsbescheid erhalten:
Wartet auf den ablehnenden Widerspruchsbescheid und erhebt Klage. Bezieht euch in der Begründung auf VG 1 L 363/23, welcher darlegt, dass die herangezogene Rechtsgrundlage nicht geeignet ist. - Ihr bekommt einen neuen Gebührenbescheid, der auf den oben genannten alten Rechtsgrundlagen fußt:
a) § 6 des Gesetzes über Gebühren und Beiträge GebG
b) § 1 der Gebührenordnung für die Nutzung polizeilicher Einrichtungen PolBenGebO und Tarifstelle 8 des Gebührenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 1 der PolBenGebO)
c) § 15 Abs. 2 iVm § 14 und § 36 des Allgemeinen Gesetzes zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Berlin (Allgemeines Sicherheits- und Ordnungsgesetz - ASOG Berlin)
Ausführliche Informationen zu diesem Fall findet ihr auch auf der Unterseite für Gebührenbescheide aus Berlin.
Legt mit Hilfe der Vorlage für Berlin Widerspruch ein und bezieht euch in der Begründung auf VG 1 L 363/23, welcher darlegt, dass die herangezogene Rechtsgrundlage nicht geeignet ist. Es liegt in eurem eigenen Ermessen, ob ihr zahlen wollt. Wenn ihr keine Mahngebühren riskieren wollt, zahlt besser zunächst.
Die Vorlage des Widerspruchs für Berlin enthält zwar einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung. Bis über diesen entschieden wird, können aber bereits Mahngebühren angefallen sein. Die Polizei Berlin hat die Vereinbarung, dass die Gebühren bis zu einer Gerichtsentscheidung nicht gezahlt werden müssen, vor einigen Monaten aufgekündigt. Es ist auch nach dem Beschluss des VG keinesfalls sicher, dass sie von ihrer Linie abweicht. Sprich es ist gut möglich, dass die Anträge auf Aussetzung abgelehnt werden.
Zumindest hat es aber schon funktioniert eine laufende Pfändung und laufende Mahnverfahren mit Verweis auf den (noch nicht rechtskräftigen) Beschluss des VG Berlin auszusetzen. - Ihr bekommt einen neuen Gebührenbescheid, der auf einer anderen als den oben genannten Rechtsgrundlagen fußt:
Hier solltet ihr zunächst zahlen (außer ihr seid pfändungsbereit).
Macht uns in eurer Mail an legal@raz-ev.org bitte auf die abweichende Rechtsgrundlage aufmerksam.
Wir rechnen damit, dass die Polizei in Zukunft
- entweder den Auffangtatbestand § 8 Abs. 1 Satz 2 GebBtrG zusammen mit der notwendigen Verhältnismäßigkeitsprüfung anwenden wird
- oder einen eigens für unsere Fälle neu geschaffenen Gebührentatbestand.
Es ist daher wichtig für uns als Legal Team schnellstmöglich mitzubekommen, wenn sich die Praxis der Polizei Berlin hinsichtlich der Gebührenbescheide ändert. - Zahlt bitte in allen oben genannten Stadien auch die Verfahrenskosten von 114,00 €, wenn ihr dazu aufgefordert werdet (außer ihr seid pfändungsbereit).
- Es gibt leider auch Fälle, in denen euch der Beschluss nicht mehr zugute kommt:
Ihr habt verpasst binnen eines Monats Widerspruch gegen den Gebührenbescheid einzulegen.
Ihr habt nach einem ablehnenden Widerspruchsbescheid verpasst, innerhalb eines Monats Klage zu erheben.
Dann bekommt ihr euere bezahlten Gebühren leider nicht zurück.
Rückzahlung der Gebühren
Die Polizei Berlin hat Rechtsmittel eingelegt gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, dass die Gebührenbescheide gegen uns rechtswidrig waren.
Das bedeutet, dass uns kein Geld zurückbezahlt wird bis nicht endgültig und rechtskräftig in unserem Sinne entschieden wurde.
Wir warten jetzt also auf die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Berlin und hoffen, dass dort unser Win vor dem VG aufrechterhalten wird.
Übersicht Basics
Bundesland | Grds. Zahlung nötig? | Antrag auf Aussetzung des Vollzugs erfolgreich? | Widerspruchsverfahren? | Vorabprüfung und Angebot zurückzuziehen? | Erinnerung an Begründung? | Begründungsvorlage | Anwaltsperson |
Baden-Württemberg | ja | ja | ja | zumindest nicht vor Vorabprüfung | ja | ||
Bayern | ja | nein | ja | ja | ja | ||
Berlin | ja | ja | ja | ja | |||
Brandenburg | ja | ja | nein | ||||
Bremen | nein | ||||||
Hamburg | nein | - | ja | ja | nein | ||
Hessen | ja | nein | ja | ja | ja | ||
Mecklenburg-Vorpommern | ja | ||||||
Niedersachsen | nein | ? | |||||
Nordrhein-Westfalen | nein | ja | |||||
Rheinland-Pfalz | nein | - | ja | ja | nein | ja | |
Saarland | nein | ||||||
Sachsen | ja | ja | ja | ja | ohne Kleben | ja | |
Sachsen-Anhalt | wohl nein | nein | ja | ||||
Schleswig-Holstein | ja | nein | |||||
Thüringen | ja |
Hamburg
Begründungsvorlage für Klebeblockaden
Verweist in eurer Widerspruchsbegründung einfach auf das beim Verwaltungsgericht Hamburg anhängige Parallelverfahren 5 K 2640/23 und beantragt das Widerspruchsverfahren bis zu einer Entscheidung im Parallelverfahren auszusetzen.
Hessen
Üblicherweise erheben wir in Hessen Klage gegen die Gebührenbescheide, fordern zugleich Akteneinsicht an und können versuchen Prozesskostenhilfe zu beantragen.
Argumentation für die Klagebegründung
Dies sind Argumentationsansätze, die ihr auf euren eigenen Sachverhalt anpassen könnt.
Bedeutung des Versammlungsrechts, Nichtauflösen der Versammlung
Diesen Teil könnt ihr für alle Gebührenbescheide übernehmen, streicht nur ggf den Part zur Nichtauflösung der Versammlung.
Die Teilnahme an einer Demonstration stellt die Ausübung eines Grundrechts dar, für das keine Kostenerhebung für polizeiliche Amtshandlungen vorgenommen werden kann.
Vorliegend hat die Klägerin an einer Versammlung teilgenommen, die unter den Schutzbereich von Art. 8 Abs. 1 GG fällt. Dafür kommt es nicht auf deren Anmeldung an.
Die Versammlung wurde von der Polizei nicht nach dem Versammlungsrecht aufgelöst. Darauf kann schon deshalb geschlossen werden, da die Versammlungsbehörde das Ordnungsamt ist. Vielmehr hat die Polizei nur zum Zweck der Verkehrsregelung in die Versammlung eingegriffen, ohne sie formal auflösen zu können.
„Allerdings wird die Wechselwirkung zwischen Grundrecht und einschränkendem Gesetz es oft erforderlich machen, Vorschriften der Straßenverkehrsordnung für Demonstrationen im öffentlichen Straßenraum zu suspendieren“
Auch wenn die Versammlung formal korrekt von der Polizei aufgelöst worden sein sollte, entwickelt Art. 8 GG für diesen Fall eine Fernwirkung.
Die Kostenerhebung für polizeiliche Amtshandlungen im Zusammenhang mit Demonstrationen stellt einen Eingriff in Artikel 8 Grundgesetz dar. Wenn Bürger*innen nach der Teilnahme an einer Versammlung regelmäßig damit rechnen müssen, dass sie an den Kosten des Polizeieinsatzes beteiligt werden, hält sie das effektiv von der Ausübung des Grundrechts ab. Ausschlaggebend für die spätere Kostenerhebung können keine formalen Kriterien wie die Anmeldung der Versammlung sein, da auch nicht angemeldete Versammlungen unter den Schutz von Art. 8 GG fallen. Auch eine polizeiliche Auflösungsverfügung versagt den Teilnehmer*innen nicht den grundrechtlichen Schutz.
Die Kostenerhebung im angegriffenen Bescheid vom 25.07.2022 bezieht sich auf den Nachlauf einer friedlichen Versammlung, sodass nach einer Würdigung des Grundrechts der Versammlungsfreiheit aus Art. 8 Abs. 1 GG eine Kostenerhebung ausscheidet.
AUssetzung bis zu Entscheidung im Strafverfahren
Gegen die Klägerin läuft wegen des gleichen Sachverhalts ein Strafprozess wegen Nötigung, ausgehend von der Strafanzeige wegen Nötigung, polizeiliches Aktenzeichen XXX. Sobald das Aktenzeichen der Staatsanwaltschaft bekannt ist, wird es mitgeteilt.
Der Ausgang des verwaltungsrechtlichen Rechtsstreits ist ganz vom Bestehen oder Nichtbestehen einer von Art. 8 GG geschützten Versammlung abhängig. Dazu muss das Strafgericht in seinem Urteil sowohl Feststellungen als auch rechtliche Würdigungen vornehmen.
Der Tatbestand von § 240 Abs. 1 StGB setzt die Rechtswidrigkeit der Handlung voraus, worüber das Strafgericht urteilen wird. Nach der hier vertretenen Auffassung ist die Rechtswidrigkeit der Handlung aufgrund der Grundrechtsintesität der Kosteninanspruchnahme auch im Verwaltungsverfahren die zentrale Rechtsfrage. Insbesondere muss das Urteil des Strafgerichts Feststellungen zum Vorliegen einer Versammlung nach Art. 8 GG treffen, von denen die verwaltungsgerichtliche Entscheidung abhängt.
Argumente abhängig von Kostenpositionen
Schaut euch in eurem Gebührenbescheid die Kostenpositionen der polizeilichen Maßnahme an - diese sollten dort gelistet sein.
Sucht euch für eure Begründung die Stellen heraus, die zu euren Kostenpositionen passen.
Bereitschaft/Anwesenheit Arzt beim Lösen d. Person gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 5 HVwKostG
Die Auferlegung der Kostenpositionen "Bereitschaft/Anwesenheit Arzt beim Lösen d. Person" gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 5 HVwKostG ist rechtswidrig.
Es wird die unrichtige Berechnung der Kostenposition “Bereitschaft/Anwesenheit Arzt beim Lösen d. Person” in Höhe von XXX Euro und die daraus resultierende Aufhebung des Bescheids diesbezüglich in Höhe von XXX Euro geltend gemacht.
Versucht zunächst herauszufinden, mit welchem Stundensatz die ärztlichen Leistungen berechnet wurden:
Aus der Rechnung über die Arztkosten des Einsatzes (aus Akte entnehmen) wird ersichtlich, dass die ärztliche Leistung für die Maßnahme mit einem Stundenlohn von XXX Euro/Stunde berechnet wurde.
Jetzt lohnt es sich zu prüfen, ob die für die Berechnung der Kosten herangezogenen Zeitangaben stimmig sind.
Falls nicht, legt den wirklichen zeitlichen Ablauf dar.
Aus soeben aufgelisteten zeitlichen Angaben lässt sich deutlich schließen, dass die gesamte Maßnahme des „Lösens der Personen“ mit insgesamt XXX Minuten XXX Minuten kürzer andauerte, wie von der Beklagten angegeben. Die konkret bei der Klägerin durchgeführte Maßnahme beanspruchte von der gesamten Maßnahme hingegen nur XXX Minuten.
Bei einer anteiligen Berechnung der Kosten der Klägerin für einen Einsatz von XXX Minuten bei XXX Euro pro angefangener Stunde ergibt sich ein Kostenbetrag von XXX Euro. Über diesen Betrag hinaus kann die Beklagte folglich keine Kostenerstattung verlangen.
Transport nach § 32 HSOG
Wenn euch ein Transport zur Dienststelle berechnet wird und dort eine erkennungsdienstliche Behandlung durchgeführt wurde:
Der in Rechnung gestellte Transport diente vor allem zur Durchführung einer erkennungsdienstlichen Behandlung nach § 81b StPO, die zum Zweck des Strafverfahrens angeordnet worden ist. Die StPO kennt anders als das Polizeirecht keine Kostentatbestände bzw. werden die Kosten des Strafverfahrens über die Prozesskosten pauschal abgegolten. Für den Fall, dass das Strafgericht die Klägerin freispricht, entfällt der Kostenanspruch nach Polizeirecht spiegelbildlich.
Der Schwerpunkt der Maßnahme lag auf der Strafverfolgung und nicht auf der Gefahrenabwehr, vor allem da die Gefahr für den Straßenverkehr durch die Auflösung der Blockade bereits abgewehrt war.
Auch wenn die Verbringung durch die Polizei rechtlich als Maßnahme mit Doppelcharakter aufgefasst wird, muss eine Lösung gefunden werden, damit der Staat nicht von der Klägerin überkompensiert wird. Wenn der Kostenbescheid in diesem Punkt Bestand hätte und die Klägerin vom Strafgericht verurteilt würde, hätte sie für diese Maßnahme doppelt bezahlt. Entweder ist das Verfahren auszusetzen (Siehe Antrag zu 4.) oder der Kostenbescheid ist hinsichtlich dieses Postens aufzuheben. Die zweite Lösung scheint dem Unterzeichner von vornherein praktikabler, da das Strafgericht sowieso das letzte Wort hat.
Unterbringung in Gewahrsam
Wenn ihr in Gewahrsam genommen wurdet und euch Kosten für die Unterbringung auferlegt werden:
Bei der Kosteninanspruchnahme kommt es nicht darauf an, ob der Gewahrsam ex ante angeordnet werden durfte oder ob die Klägerin ins Beschwerdeverfahren gegangen ist. Die Rechtmäßigkeit muss vom Verwaltungsgericht inzident geprüft werden. Das Verwaltungsgericht wird zum Ergebnis kommen, dass der Polizeigewahrsam, angeordnet gegen die Klägerin, ex post als rechtswidrig zu bewerten ist, sodass die Klägerin nicht an den Kosten zu beteiligen ist. Dies muss sich folglich ebenso auf die während des rechtswidrigen Gewahrsams entstanden Verpflegungskosten beziehen. Der angegriffene Bescheid ist insoweit aufzuheben.
Verbrauchsmaterial für das Lösen des Klebers
An keiner Stelle ist dem Bescheid zu entnehmen, wie sich der Betrag für das Verbrauchsmaterial zusammensetzt. Aus der Akte lässt sich dazu auch nicht entnehmen, wie der Betrag berechnet wurde. Insbesondere stellt der Betrag von XXX EUR kein Vielfaches des in der Akte vorkommenden Betrages einer Materialrechnung über XXX EUR dar.
Der Bescheid ist insoweit aufzuheben.
Gewahrsamsfähigkeitsuntersuchung
Argumentationsansatz, um die Kostenberechnung einer Gewahrsamsfähigkeitsuntersuchung in Frage zu stellen:
Die Klägerin kann nicht an den Kosten für die Gewahrsamsfähigkeitsuntersuchung in Höhe von XXX EUR beteiligt werden. Ausweislich der Rechnung dauerte ihre Untersuchung XXX Minuten. Die Teilnehmer der Demonstration wurden en bloc untersucht, sodass keine Pauschalen abgerechnet werden können. Selbst wenn die XXX Personen, die sich ausweislich des Gesamtberichts am Morgen festgeklebt hatten, einer Gewahrsamsfähigkeitsuntersuchung zu je XXX Minuten unterzogen wurden, hätte dies insgesamt nur XXX Minuten gedauert. Hätte der Kostenträger kein Verschulden gegen sich selbst zugelassen, hätte der Bereitschaftsarzt nur eine Pauschale für XXX Minuten abrechnen können. Damit könnte die Beklagte höchstens ihrem Anteil entsprechend zu XXX EUR in Anspruch genommen werden können.
Vorlage Mit Argumentation zum Anpassen
In dieser Vorlage sind die oben ausgeführten Argumentationsansätze bereits eingearbeitet. Ihr müsst die Vorlage aber noch auf euer Gebührenverfahren anpassen. Also etwa Datumsangaben austauschen und Absätze zu Kosten streichen, die bei euch gar nicht erhoben worden sind.
Sachsen
Begründung zu Gebührenbescheiden zu Straßenblockaden ohne Kleben
Kurzversion
Der Bescheid ist rechtswidrig und verletzt mich in meinen Rechten.
Ich wurde nur durch Polizeibeamt*innen von der Straße getragen. Der Einsatz des Fahrzeugs hat nichts mit dem Wegtragen zu tun. Für einfache körperliche Gewalt durch Polizeibeamt*innen dürfen nach dem Kostenverzeichnis keine Kosten erhoben werden (Nr. 77 Tarifstelle 11. des Zehnten Sächsischen Kostenverzeichnisses).
Ich beantrage, mein Widerspruchsverfahren bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung des Widerspruchsverfahrens mit dem Aktenzeichen PDDD-R4-0537/202 ruhend zu stellen, da die dort entscheidenden rechtlichen Fragestellungen die gleichen sind.
Langversion
Prüft hier bitte, ob wirklich jedes Detail der Begründung auf euren Fall zutrifft und passt sie ggf. an
Der Widerspruch wird wie folgt weiter begründet:
Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt den Widerspruchsführer in seinen Rechten. Nach Aktenlage besteht keine Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid.
1. Vor dem Hintergrund eines Ermittlungsverfahrens (Nötigung) war die durchgeführte Maßnahme (Verbringung von der Straße) keine gefahrenabwehrrechtliche Maßnahme, sondern die Durchsetzung einer strafprozessualen Maßnahme, nämlich die mittels unmittelbaren Zwanges durchgesetzte (Zuführung zur) Personalienfeststellung und Durchsuchung. Dies ergibt sich daraus, dass die Personen bereits nach Eintreffen der Polizei sogleich hinsichtlich einer Straftat der Nötigung belehrt wurden und unmittelbar nach dem Wegtragen die Personalien auf dem Gehweg festgestellt und die Sachen und Personen durchsucht wurden. Für diese strafprozessuale Maßnahmen fallen keine gesonderten Kosten an.
2. Selbst wenn dem Widerspruchsgegner folgend das Wegtragen zum Zwecke der Gefahrenabwehr erfolgt sein sollte, besteht kein Rechtsgrund für den angefochtenen Bescheid. Aus der Akte ergibt sich eindeutig, dass die Verbringung der Personen von der Straße mittels Anwendung unmittelbaren Zwanges in Form von einfacher körperlicher Gewalt erfolgte („kein Lösen, keine Ersatzvornahme, von der Straße tragen“). Der Einsatz eines Polizeifahrzeuges erfolgte dabei nicht, der unmittelbare Zwang in Form von einfacher körperlicher Gewalt wurde nur durch Polizeibeamte ausgeübt. Das SächsPVDG definiert in § 40 Absatz 1 als unmittelbaren Zwang die Einwirkung auf Personen oder Sachen durch körperliche Gewalt, Hilfsmittel körperlicher Gewalt oder Waffengebrauch. Die unterschiedlichen Formen werden sodann in den folgenden Absätzen definiert, wobei als Hilfsmittel körperlicher Gewalt explizit Dienstfahrzeuge gezählt werden (Absatz 3). Der Einsatz der Dienstfahrzeuge als aufzuerlegende Kosten käme also höchstens in Betracht, wenn diese Hilfsmittel der körperlichen Gewalt gewesen wären. Ein Hilfsmittel der körperlichen Gewalt umfasst dabei jeden Gegenstand und jedes Mittel, das über die reine Körperkraft hinaus zu deren Verstärkung oder an deren Stelle von der Polizei bei der Einwirkung auf Personen eingesetzt wird (Schwier/Lohse, Sächsisches Polizeivollzugsdienstgesetz, Kommentar für Praxis und Ausbildung, 6. Auflage, § 40, Rn. 5). Die Polizeifahrzeuge dienten vorliegend nur zur Beförderung der Beamten zum Einsatzort und können daher nicht als Hilfsmittel der ausgeübten körperlichen Gewalt angesehen werden. Auch das Kostenverzeichnis unterscheidet, dem SächsPVDG folgend, den unmittelbaren Zwang (Tarifstelle 11) in den Einsatz von Polizeifahrzeugen (Tarifstelle 11.1) und den Einsatz von Polizeibediensteten (Tarifstelle 11.2). Aber auch der Einsatz von Polizeibediensteten kann vorliegend nicht in Rechnung gestellt werden. Zunächst ergibt sich nach Aktenlage eindeutig, dass die eingesetzten Polizeikräfte bereits vor Ort waren und nicht extra für die Durchsetzung eines vorangegangenen Verwaltungsaktes hinzukamen. So trafen die Kräfte bereits um 13:36 Uhr ein. Ersatzfähig sind aber nur solche Kosten, die in unmittelbar kausalem Zusammenhang mit der Maßnahme stehen. Der Ersatz von allgemeinen Personalkosten oder sonstigen Fix- bzw. sogenannten Sowiesokosten ist nicht vorgesehen. Insbesondere können für den Einsatz von unmittelbarem Zwang in Form von einfacher körperlicher Gewalt durch Polizeibedienstete keine Kosten erhoben werden. Denn in Nr. 77 Tarifstelle 11. des Zehnten Sächsischen Kostenverzeichnisses in der Fassung zum 02.03.2023 heißt es insoweit eindeutig: „Anmerkung: Für unmittelbaren Zwang, der lediglich einfache körperliche Gewalt beinhaltet und keinen bedeutsamen polizeilichen Mehraufwand verursacht, werden keine Kosten erhoben.“ Das einfache Wegtragen von Personen fällt unter den Begriff der einfachen körperliche Gewalt (vgl. Schwier/Lohse, Sächsisches Polizeivollzugsdienstgesetz, Kommentar für Praxis und Ausbildung, 6. Auflage, § 40, Rn. 4). Ein bedeutsamer polizeilicher Mehraufwand lag nicht vor. Selbst ein (nicht ersichtliches) „Schwermachen“ (wobei es bereits faktisch unmöglich ist, dass ein Körper mit einem bestimmten Körpergewicht dieses Gewicht im angehobenen Zustand vergrößert), würde keinen „bedeutsamen Mehraufwand“ darstellen. Von einem bedeutsamen Mehraufwand des unmittelbaren Zwanges wird man nur sprechen können, wenn bei psychischen oder körperlichen Verletzungen des zur Ausübung unmittelbaren Zwangs in gewaltgeprägten Situationen eingesetzten Personals der eigentlichen Amtshandlung nachfolgende Tätigkeiten bei der psychologischen oder medizinischen Behandlung notwendig werden oder notwendige vorbereitende Einsatzplanungen und -besprechungen vor komplexen, gefährlichen Einsätzen, womöglich mit Kräften aus verschiedenen Bundesländern, erfolgen mussten. Dergleichen ist jedoch bei der vorliegenden, routiniert-friedlichen Anwendung unmittelbaren Zwangs in Gestalt des Wegtragens durch die hierzu spontan eingesetzten Polizeibeamten nicht entfernt erkennbar.
Ich beantrage, mein Widerspruchsverfahren bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung des Widerspruchsverfahrens mit dem Aktenzeichen PDDD-R4-0537/202 ruhend zu stellen, da die dort entscheidenden rechtlichen Fragestellungen die gleichen sind.